Migrationskrise

Belarus droht EU bei Grenzschließung mit Gas-Boykott

GRODNO REGION, BELARUSNOVEMBER 11, 2021: Migrants in a tent camp on the Belarusian-Polish border. The migrant crisis
GRODNO REGION, BELARUSNOVEMBER 11, 2021: Migrants in a tent camp on the Belarusian-Polish border. The migrant crisisimago images/ITAR-TASS
  • Drucken

Neue Durchbruchversuche von Migranten an der polnischen EU-Außengrenze. Kälte und Krankheiten in provisorischen Lagern.

Das Kräftemessen zwischen der EU und Belarus steht vor einem neuen Höhepunkt. Nachdem Brüssel wegen der von Minsk provozierten Migrationskrise an der polnischen Grenze eine Ausweitung der Sanktionen gegen das Regime von Alexander Lukaschenko angekündigt hatte, drohte dieser mit neuen Gegenmaßnahmen. Er kündigte am Donnerstag an, dass er Gaslieferungen aus Russland in die EU über die transnationale Gaspipeline Jamal–Europa einschränken könnte. „Wir versorgen Europa mit Wärme, aber sie drohen damit, die Grenze zu schließen. Und was ist, wenn wir dort das Erdgas abstellen? Deshalb würde ich der polnischen Führung, den Litauern und anderen hirnlosen Personen empfehlen, nachzudenken, bevor sie sprechen“, sagte Lukaschenko laut der Nachrichtenagentur Belta.

Indessen spitzt sich die Lage an der Grenze zwischen Polen und Belarus zu. Viele Hundert Menschen verbrachten eine weitere Nacht in provisorischen Lagern auf belarussischem Gebiet. Unter den von belarussischen Sicherheitskräften an die Grenze begleiteten Migranten sollen bereits Krankheiten ausgebrochen sein. Etwa 150 von ihnen hätten erneut versucht, die Grenze gewaltsam zu durchbrechen, sagte Polens stellvertretender Innenminister, Bartosz Grodecki. In der Nähe des mittlerweile geschlossenen Grenzübergangs Kuźnica blieb es demnach in der vergangenen Nacht ruhig. Viele Angaben aus dem Grenzgebiet lassen sich allerdings nicht überprüfen, da unabhängigen Journalisten der Zutritt verwehrt wird.

Polens Sicherheitskräfte haben nach eigenen Angaben bereits zahlreiche Personen, die irregulär die Grenze übertreten haben, und auch mehrere Schlepper aufgegriffen. Die Mehrzahl der festgenommenen Schlepper stammt laut einem EU-Bericht, aus dem die Tageszeitung „Die Welt“ zitierte, aus Deutschland. Aber es seien auch Personen aus Belarus beteiligt. Dem EU-Dokument zufolge transportiere die belarussische Fluggesellschaft Belavia in Zusammenarbeit mit Turkish Airlines auf vier bis sieben Flügen pro Woche Migranten von Istanbul nach Minsk. Dabei fänden jeweils 180 Passagiere Platz. Auch die Zahl irakischer und syrischer Bürger, die über Dubai nach Minsk fliegen, steige an. Die EU bereitet derzeit Maßnahmen vor, solche Flüge nach Minsk einzuschränken.

Spannungen Brüssel–Moskau

Der Konflikt um den von Lukaschenko gesteuerten Migrantenstrom Richtung EU sorgt nun auch für Spannungen zwischen Brüssel und Moskau. Der Kreml, der das Regime in Minsk unterstützt, betonte, dass Russland nichts mit den Migranten an der Grenze zu Polen und Litauen zu tun habe. Gleichzeitig zeigt Moskau mit zwei Kampfflugzeugen militärische Präsenz im belarussischen Luftraum. Das Verteidigungsministerium in Moskau sprach von einem Test der gemeinsamen Flugabwehr beider Länder. (ag./wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2021)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Belarus-Migrationskrise

Lukaschenko deutet Sperre von Gaslieferungen in die EU an und spricht über Atombomber

Der belarussische Diktator droht mit dem Kappen von Gasleitungen aus Russland, falls es neue EU-Sanktionen gibt. Zudem redete er teils wirr über die Notwendigkeit strategischer Bomber aus Russland für die Grenzsicherung und Aufklärung Richtung Polen und Baltikum.
GERMANY-POLAND-BELARUS-EU-MIGRANTS-POLITICS
Migration

Belarus-Krise: Mehrzahl der Schlepper in Deutschland lebende Zuwanderer

Deutschland und Finnland Hauptziele der Migranten - Tausende verbrachten weitere Nacht in Kälte

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.