Immer mehr Wölfe kommen nach Österreich

Immer mehr Woelfe kommen
Immer mehr Woelfe kommen(c) APA/Wolf Science Center (Wolf Science Center)
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Ein Wolf hat am Schneeberg neun Schafe gerissen – damit tauchen zum ersten Mal dort Wölfe auf. Der WWF fordert zentrale Ansprechpersonen in jedem Bundesland.

[Wien/Puchberg am Schneeberg]Nun hat der Landwirt Johann Steiner Gewissheit: Vor einem Monat wurden in Puchberg am Schneeberg in Niederösterreich neun seiner Schafe gerissen. Zunächst wurde vermutet, dass Hunde am Werk waren. Steiner glaubte das nicht – und ließ die DNA-Spuren an den Bisswunden analysieren. Das Ergebnis: Es war ein Wolf.

Zwar hat sich der Wolf seither nicht mehr blicken lassen; und für Schäden, die durch Wölfe entstehen, kommt der Jägerverband auf. Aber insgesamt sollte man sich daran gewöhnen, dass immer mehr Wölfe nach Österreich kommen werden, sagt Georg Rauer vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde. Zum Schneeberg ist seit Menschengedenken noch nie ein Wolf gekommen. Mit den Tieren kommt auch das Problem, wie mit ihnen umgegangen werden soll.

Derzeit sind die Zuständigkeiten für „Wolfsfragen“ von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. So ist Georg Rauer die Ansprechperson für Niederösterreich, Oberösterreich und die Steiermark. In Tirol und Kärnten sind die Bärenbeauftragten auch für die Wölfe zuständig. Teilweise beschäftigen sich auch die Wildbiologen der Jägerschaft mit Wolfsfragen.

Daher fordert die Naturschutz-Organisation WWF einen „Managementplan“ für die Koexistenz von Wölfen und Menschen. Inhalt: eine zentrale Anlaufstelle für Wolfsfragen in jedem Bundesland; die Zuständigen sollen auch untereinander kommunizieren. Denn: „Ein Wolf hält sich nicht an die Bundesländergrenzen“, sagt Christine Reisenbichler vom WWF. Darüber hinaus sollen im Managementplan auch Öffentlichkeitsarbeit und Tipps für die betroffenen Landwirte enthalten sein.

Für Johann Steiner ist das nur ein schwacher Trost. Er züchtet Krainer Steinschafe, „eine ganz alte Rasse, von der es nur mehr sehr wenige Tiere gibt“. Den Überfall des Wolfes hätten die überlebenden Tiere nur schwer verkraftet: „Sie waren eine Woche betroffen und teilnahmslos.“ Mittlerweile lässt der Landwirt die Tiere nur mehr tagsüber auf die Weide. Schutzmaßnahmen wie Herdenhund oder Elektrozaun seien ein Mehraufwand für ihn, sagt Steiner.

Drei bis fünf Tiere in Österreich

In Puchberg selbst herrsche indessen Nervosität. Zumindest für die Menschen stellen Wölfe keine Gefahr dar, sagt Wolfsbeauftragter Rauer. Sie seien scheue Tiere, die dem Menschen aus dem Weg gehen. Auch beim WWF wird das schlechte „Rotkäppchen-Mörder“-Image des Wolfes beklagt. Dass die Wölfe langsam aber sicher auch in Österreich Einzug halten, liegt am Artenschutzprogramm: „Der Wolfbestand hat sich in den letzten Jahren erholen können“, sagt Reisenbichler. Vor allem in Italien und Frankreich haben sich die Tiere vermehrt – und machen sich auf die Suche nach neuem Lebensraum.

So streifte erst Ende September im Tiroler Bezirk Kufstein ein Wolf umher – sechs Schafe fielen ihm zum Opfer. Unklar ist, ob es derselbe Wolf war, der bereits vergangenes Jahr in Tirol, Vorarlberg und dem Schweizer Kanton Graubünden gesichtet wurde. In der Umgebung von Imsterberg (Tirol) hat sich indessen ebenfalls vergangenes Jahr eine Wölfin herumgetrieben. Zurzeit leben drei bis fünf Wölfe in Österreich; sie dürfen nicht gejagt und getötet werden.

Auf einen Blick

Wolf. In Puchberg am Schneeberg hat ein Wolf neun Schafe getötet. Zum ersten Mal seit Menschengedenken sind Wölfe in dieses Gebiet gekommen. Aufgrund von Artenschutzprogrammen vermehren sich die Raubtiere in den umliegenden Ländern und suchen nach neuen Lebensräumen – auch in Österreich. Wölfe gelten als scheu und stellen laut Experten keine Gefahr für Menschen dar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2010)

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