Irgendwo geht immer das Licht aus

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THEMENBILD: WETTER/NEBEL/SONNE/BERGEAPA/BARBARA GINDL
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Es ist immer wieder ein harter Schlag, wenn einen der Nebel verschluckt.

Die Gesellschaft ist auch ohne aktuelle Anlässe grundsätzlich gespalten, und zwar in jene oberhalb und jene unterhalb des Nebels. Jahr für Jahr ist es wieder ein überraschend harter Schlag, wenn der Nebel nur noch manchmal aufreißt und einen dann schließlich ganz verschluckt. Die graue Glocke erinnert mich absurderweise an „Die Truman Show“, den legendären Film aus dem Jahr 1998, in dem der Hauptdarsteller, Jim Carrey, erst merkt, dass er in einer simulierten Welt unter einer Kuppel lebt, als ihm ein Scheinwerfer vor die Füße knallt. Denn sein künstliches Leben wird live als Fernsehshow nach draußen übertragen.

Es fällt aber kein Scheinwerfer aus dem Nebel, nicht einmal eine Drohne, sondern höchstens etwas von den Tauben, die im Geschwader über einen hinwegdonnern. Das bringt vielleicht Glück, aber es ist dennoch ziemlich widerlich. „Du musst daran denken, dass die Sonne ja scheint, nur siehst du sie nicht“, sagt die stets positiv gepolte Freundin. Klar, das funktioniert auch super in der Dunkelheit, der Gedanke, dass es anderswo gerade taghell ist.

Wahrscheinlich ist es dieses Jahr ein wenig härter, weil man sich nicht mit dem kommenden Glitzer aufhellen kann. Auf den geplanten Weihnachtsmärkten wird an den Hütten geklopft und gehämmert und geschmückt, aber die Emsigkeit wirkt so surreal wie die heile Familie von Truman, die von Schauspielern dargestellt wird. Nur er weiß davon nichts.

In den Supermärkten sind wieder ein paar Regale leer geräumt, das hat mit Lieferschwierigkeiten zu tun, mit Angst vor Stromausfällen, aber auch mit der Ahnung, dass ein dementierter Lockdown meistens kommt. Eine Quarantäne ist auch nie weit.

Backpulver ist sehr begehrt. Schließlich rücken jetzt auch die Weihnachtskekse in den Vordergrund. Bei ihnen im Waldviertel, erzählt die Kollegin, sagt man nicht, welche Sorten gebacken werden, sondern wie viele Kilo. Wenn das Licht ausfällt, gibt es genug Kekse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2021)

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