Modemagazin

Letzter Schrei: Hundert Jahre "Vogue Paris"

Das Palais Galliera feiert 100 Jahre „Vogue Paris“, allerdings zu einem ziemlich ungünstigen Zeitpunkt. Ebenfalls in der globalen Modehauptstadt zu sehen: die große Mugler-Wanderretrospektive und eine Schau von Martin Margiela in neuer Rolle.

So schnell wird aus einer Hommage eine Abschiedsvorstellung: Als die aktuelle Themenschau im Palais Galliera, dem Pariser „Musée de la mode“ in Planung ging, war die Situation, in der sich der hauptsächliche Ausstellungsgegenstand bei der Eröffnung befinden würde, wohl nicht absehbar. „Vogue Paris 1920–2020“ blickt zurück auf die Geschichte eines der maßgeblichsten Modemagazine seiner Zeit, das, ebenso mit Flaggschiff- wie auch ein wenig anachronistischem Charakter ausgestattet (in seiner üppig produzierten Modemagazinhaftigkeit, nicht etwa, weil es sich dem Zeitgeist – seiner raison d’être – zu wenig auf die Fersen heftete), akkurat in diesem Herbst aufhört, die hier zelebrierte „Vogue Paris“ zu sein und nun als „Vogue France“ firmiert.
Ein Detail am Rande? Natürlich, zugleich aber ist diese Umbenennung symptomatisch für die Verschiebung tektonischer Platten im Lifestyle-Publishing, die der internationale Condé-Nast-Mutterverlag gerade vonstatten gehen ließ. Internationale Schaltzentralen finden sich nur mehr in New York und London, als Prinzipalin wacht über alle „Vogue“-Ausgaben weltweit die gestrenge und wohl auch etwas machtsüchtige Anna Wintour. Jene Chefredakteurin, Emmanuelle Alt, die bis vor wenigen Wochen über die Geschicke der „Vogue Paris“ wachte, ist mittlerweile ebenso Geschichte wie der abgestreifte Magazintitel mit Bezug zu einer Modestadt, der im Begleittext der Ausstellung noch als Alleinstellungsmerkmal gefeiert wird.

David Bailey.

Historisch wertvoll. Nun sind naturgemäß nicht alle Leserinnen und Leser von Magazinen auch mit den Hintergründen ihres Entstehens vertraut – insofern muss, wer noch bis Anfang kommenden Jahres das Palais Galliera unweit des Trocadéro besucht, nicht automatisch wehmütig werden. Denn die Schau stellt einen schönen Parcours durch ein Jahrhundert Magazin- und unweigerlich auch Modegeschichte dar. Besonders berührt hier etwa der Fokus auf jene Ausgaben, in denen nach der Befreiung des Landes aus der Nazi-Herrschaft das Stilempfinden in der unangefochtenen Modehauptstadt der Welt (der übrigens die Nationalsozialisten ja akkurat Wien entgegenstellen wollten) zelebriert wird. (Noch bis 30. Jänner 2022, siehe palaisgalliera.fr)

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