Deutschland

Österreich "Hochrisiko-Gebiet": Kommen die Winter-Touristen?

Nach der Rückkehr aus dem Skiurlaub in Österreich gilt für ungeimpfte Deutsche eine Quarantäne.
Nach der Rückkehr aus dem Skiurlaub in Österreich gilt für ungeimpfte Deutsche eine Quarantäne. Die Presse
  • Drucken

Nicht-Geimpfte und Nicht-Genesene müssen nach ihrer Einreise in (bzw. Rückkehr nach) Deutschland in Quarantäne. Das trifft auch Österreich-Urlauber - vor allem mit Kindedern.

Kurz vor Beginn der für die heimische Tourismuswirtschaft so wichtige Wintersaison erklärt Deutschland ganz Österreich wegen der gestiegenen Corona-Infektionszahlen ab Sonntag wieder zum Hochrisikogebiet, das teilte der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn am Freitag in Berlin mit. Nicht geimpfte und nicht genesene Österreicher bzw. deutsche Urlaubsrückkehrer müssen damit ab Sonntag nach der Einreise in Deutschland in Quarantäne. Ein Freitesten aus der zehntägigen Quarantäne ist frühestens nach dem fünften Tag möglich.

Spahn bestätigte bei einer Pressekonferenz in Berlin am Freitagvormittag, was bereits erwartet worden war: Österreich gilt ab Sonntag 0 Uhr aus deutscher Sicht als Hochrisikogebiet was die Ausbreitung des Coronavirus betrifft. Als Hochrisikogebiete werden vom deutschen Robert-Koch-Institut Länder und Regionen mit besonders hohen Infektionsrisiko eingestuft. Mit der Einstufung als Hochrisikogebiet ist automatisch auch eine Reisewarnung des deutschen Auswärtigen Amts verbunden, wie eine Sprecherin am Freitag bestätigte. Eine Reisewarnung erleichtert deutschen Touristen die kostenlose Stornierung bereits gebuchter Reisen, bedeutet aber kein Reiseverbot.

Geimpfte und Genesene sind von der ab Sonntag wieder geltenden Quarantänepflicht ausgenommen. Sie müssen sich künftig vor der Einreise nach Deutschland verpflichtend digital anmelden und dabei ihr Impf- oder Genesungszertifikat hochladen. Bei der Einreise ist die Bestätigung der Anmeldung mitzuführen.

Österreich will rasch wieder von dieser Liste

Für die heimische Tourismus- und Gastrobranche ist die Einstufung eine Hiobs-Botschaft. Die Einschränkung trifft zwar in erster Linie ungeimpfte Gäste, das Problem ist aber, dass sich Kinder unter zwölf Jahren in Deutschland immer in eine fünftägige Quarantäne begeben müssen, unabhängig davon, welche Maßnahmen für die Eltern gelten. Damit könnte es dennoch Stornierungen hageln.

Touristiker befürchten, dass Urlauber mit Kindern unter zwölf Jahren den Winterurlaub in Österreich nun absagen. "Österreich tut alles dafür, umso rasch wie möglich wieder von der Liste der Hochrisikostaaten gestrichen zu werden", sagte Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) am Freitag in einer Stellungnahme. Köstinger will in Bezug auf die Kinder unter 12 Jahren für eine gleichlautende Regelung wie in Österreich einsetzen. Laut einer aktuellen Umfrage der Österreich Werbung, auf die das Tourismusministerium verweist, machen Familien mit Kindern unter 12 Jahren knapp 22 Prozent der deutschen Gäste aus.

Hoteliervereinigung: „Atmosphärische Katastrophe"

"Diese Reisewarnung ist eine atmosphärische Katastrophe", sagte Hoteliervereinigung-Chefin Michaela Reitterer. Infektiologen hätten rechtzeitig vorgewarnt - und es sei sogar noch schlimmer gekommen, sagte die Branchensprecherin mit Blick auf die explodierenden Coronainzidenzen. "Die Dynamik der Inzidenzzahlen und die Planlosigkeit der Politik macht alle fertig", umriss die Hotelière die Stimmung in der Branche. "Es ist ein Desaster - es ist eine totale Verunsicherung da, die äußert sich in großer Enttäuschung mit der Politik", sagte die Vertreterin der Hoteliers in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Susanne Kraus-Winkler. "Es war klar, dass wir dem nicht entgehen, bei den Infektionszahlen.

"Es geht um die Stimmung - und es verunsichert jeden, der geimpft ist", so ÖHV-Chefin Reitterer. Bisher hätten die hohen Coronafallzahlen in Österreich noch zu keiner Stornowelle unter den Urlaubern geführt. "Wir haben ohnehin 2G in den Hotels, bei uns buchen nur Geimpfte und Genesene", betonte Reitterer. "Wir wollen einen Winter haben, wir sind gut darauf vorbereitet", sorgt sich die Touristikerin um das Geschäft. Der vergangene Winter 2020/21 war für die Branche wegen des monatelangen Lockdowns ein Totalausfall."

Das Bundeskanzleramt reagierte am Freitag gefasst auf die Entscheidung des für den heimischen Tourismus wichtigen Nachbarlandes: "Wir haben die Entscheidung des Robert-Koch-Instituts erwartet und wurden von unseren Nachbarn darüber auch vorab informiert", hieß es in einer Stellungnahme. Die Einstufung zeige die Wichtigkeit der Impfung - egal ob ersten, zweiten oder dritten Stich. "Denn für die voll immunisierten Menschen hat die Einstufung aus Deutschland keine Auswirkung, sie müssen auch weiterhin nicht in Quarantäne. Das entspricht im Übrigen der in Österreich geltenden Regelung von 2G im Freizeitbereich", hieß es.

Platter: „Sicherheit das Herzstück des Winterurlaubs"

Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zeigte sich nicht überrascht. Die Reisewarnung habe sich "bereits abgezeichnet", sagte Platter. Der Landeshauptmann, dessen Bundesland zu den besonders von der Maßnahme betroffenen zählt, betonte aber, dass für Geimpfte und Genesene der Urlaub ohne große Einschränkungen möglich sein wird. "Sicherheit ist das Herzstück des heurigen Winterurlaubs", meinte Platter, der darauf verwies, dass Deutschland aktuell rund 70 Länder als Hochrisikogebiete einstufe. Die Tiroler Tourismusbetriebe und Skigebiete hätten sich jedenfalls mit "umfassenden Hygiene- und Sicherheitskonzepten" akribisch vorbereitet.

Österreich war erst vor fünf Monaten - im Juni - von der deutschen Risikoliste gestrichen worden. Im vergangenen Herbst hatte die Bundesrepublik die österreichischen Bundesländer nacheinander auf die Risikoliste gesetzt und schließlich am 1. November ganz Österreich - mit Ausnahme des Kleinwalsertals und Jungholz - zum Risikogebiet erklärt.

Über den Sommer hatte Deutschland die Reisewarnungen für alle EU-Länder aufgehoben. Zuletzt wurden die Slowakei, Litauen, Rumänien, Bulgarien, Kroatien und Slowenien wieder auf die Liste der Hochrisikogebiete gesetzt.

Neben Österreich sollen laut Medienberichten am Freitag auch Tschechien und Ungarn von Deutschland als neue Hochrisikogebiete eingestuft werden.

Mitreden: Hätten Sie Verständnis für einen allgemeinen Lockdown? Diskutieren Sie mit!

>>> Hier geht's zum Forum

(Reuters /APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

In Deutschland werden viele Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie wieder verschärft. Das Gesundheitssystem steht vor einer Belastungsprobe.
Pandemie

Deutschland fehlen Tausende Krankenhausbetten

Während die Corona-Neuinfektionen auf Rekordniveau steigen, melden die Krankenhäuser nicht nur weniger freie Plätze in ihren Intensivstationen – es gibt auch insgesamt weniger Betten.
Angela Merkels Rede am Städtetag in Erfurt kam per Live-Videostream aus Berlin.
Coronavirus

Merkel spricht von epidemischer Notlage in Deutschland

"Die vierte Welle trifft unser Land mit voller Wucht“, mahnt die deutsche Kanzlerin und fordert klare Maßnahmen. Merkel prangert außerdem die Zunahme von Hass und Gewalt gegen Kommunalpolitiker an.
Hochrisiko-Gebiet

Deutschland: Quarantäne für Kinder bei Einreise aus Österreich bleibt

Harter Schlag für den österreichischen Wintertourismus: Kinder unter 12 Jahren, die auch in Deutschland derzeit nicht geimpft werden können, müssen nach einem Österreich-Urlaub in Qurantäne.
Corona-Pandemie

Deutschland: Impfpflicht und 3-G in der Bahn

Während sich in Bayern und Sachsen die Intensivstationen füllen, demonstriert die wohl künftige Ampelkoalition, wie ihre Coronapolitik aussehen wird.
Wer künftig ein öffentliches Verkehrsmittel nutzen will - im Bild ein Bus in Berlin bei der Gedächtniskirche - soll geimpft, genesen oder getestet sein.
"Ampel"-Koalition

Deutschland plant 3-G-Pflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln

Die Koalitionsverhandler SPD, Grüne und FDP sind angesichts steigender Neuinfektionen unter Zugzwang. Es könnte weitere Kontaktbeschränkungen geben - auch nur für Ungeimpfte.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.