Forschungsfrage

Warum stürzen kleine Kinder so leicht aus dem Fenster?

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Kinder sind ungünstig „gebaut“, sagt der Unfallforscher Peter Spitzer. Stürze aus dem Fenster passieren daher oft und enden teils tödlich.

Eine Statue würde sehr leicht umkippen, wenn man sie wie ein Kleinkind proportionierte.“ Das sagt Peter Spitzer vom Forschungszentrum für Kinderunfälle an der Kinder- und Jugendchirurgie Graz. Er weist auf einen der Gründe hin, warum Kinder so häufig stürzen: Ihr Körperbau begünstigt das.

Besonders schwerwiegende Folgen haben Stürze aus dem Fenster. Ein vor zwei Jahren vom Forschungszentrum veröffentlichter Bericht zeigt, dass jeder siebente derartige Unfall tödlich endet. Das Fatale an den kindlichen Proportionen, so Spitzer: „70 Prozent des Körpergewichts befinden sich oberhalb des Nabels.“ Allein der Kopf mache rund zwölf Prozent aus. „Aus diesem Grund ist die Nabelhöhe ein markanter Punkt. Beugt sich ein Kind mit dem Oberkörper nach vorn, lehnt es sich beispielsweise aus dem Fenster, verliert es unweigerlich das Gleichgewicht.“ Beim Erwachsenen hingegen verschiebe sich der Schwerpunkt in Richtung Körpermitte, der Kopf mache nur noch etwa sieben Prozent des Gewichtes aus.

Besonders gefährdet sind Zwei- und Dreijährige, weiß der Leiter des Forschungszentrums. Jeder zweite Fenstersturz betrifft Kinder dieses Alters. Zu den anatomischen Gegebenheiten komme als Auslöser die kindliche Neugier. Spitzer: „Das ist das Entdeckeralter, in dem die Kleinen die Welt erkunden. Was in Siedlungen mit Mehrparteienhäusern, in denen sich Stürze aus Fenstern fast ausschließlich ereignen, noch hinzukommt: Fenster sind so hoch angebracht, dass Kinder zwar hinaus-, nicht aber hinunterschauen können. Unten, im Hof, befindet sich aber der Spielplatz. Von dort sind die Stimmen der anderen Kinder zu hören, und natürlich wollen die Kinder wissen, was im Hof vor sich geht.“ Viele Eltern unterschätzen auch den Nachwuchs. „Kinder sind geschickt, wenn es darum geht, Gegenstände als Kletterhilfen zu benützen, um ans Fenster zu gelangen. Unsere Forschungen zeigen, dass es jedes dritte verunglückte Kind im Alter von zwei oder drei Jahren sogar geschafft hat, das Fenster selbst zu öffnen.“ Befindet es sich dann mit dem Nabel über dem Fensterbrett und beugt sich nach vorn, ist ein Absturz kaum mehr zu verhindern.

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