Corona-Maßnahmen

Zweifel an Wirkung des Lockdowns

Vor dem Lockdown für Ungeimpfte stieg die Nachfrage nach Erst- und Dritt-Impfungen  – wie bei diesem Impfbus am Wochenende in Wien.
Vor dem Lockdown für Ungeimpfte stieg die Nachfrage nach Erst- und Dritt-Impfungen – wie bei diesem Impfbus am Wochenende in Wien.APA
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Experten bezweifeln, dass der Lockdown für Ungeimpfte ausreichen wird. Ärztekammer-präsident Szekeres fordert eine Ausweitung der Impfpflicht.

Der Lockdown für Ungeimpfte, der seit Montag Mitternacht in ganz Österreich gilt, werde nicht ausreichen, um die Lage in den Spitälern zu verbessern: Dieser Meinung sind mehrere Experten der Ampelkommission, die die Maßnahme der Regierung kritisch sehen.
Wie aus einem internen Protokoll des Gremiums hervorgeht, das der Austria Presse Agentur vorliegt, meinte etwa der Vertreter der Gesundheit Österreich GmbH, dass im Hinblick auf die derzeitige Situation „kaum merkliche Effekte“ erzielt werden können. Ein großräumiges, allgemeines Regime von Kontaktreduktionen sei vermutlich alternativlos.

Skeptisch äußerte sich laut diesem Papier auch der Vertreter des Innenressorts. Die Kontrollierbarkeit eines Lockdowns für Ungeimpfte sei sehr schwierig und nur mit massivem (Verwaltungs-)Aufwand möglich.
Die Vertreterin aus Tirol kritisierte, dass ein Setzen nur auf 2-G ein zu hoher Zeitverlust sei. Der Lockdown für Ungeimpfte sei „wenig sinnvoll“. Auch der Vertreter der medizinischen Universitäten in der Ampel-kommission betonte, dass ein Lockdown für Ungeimpfte aus fachlicher Sicht nur einen geringen Effekt haben werde.

Der Präsident der Ärztekammer, Thomas Szekeres, hält den von der Regierung beschlossenen Lockdown für ungeimpfte Menschen zwar für sinnvoll, weil in erster Linie sie das Virus weitergeben würden. Allerdings plädierte Szekeres in der ORF-Pressestunde am Sonntag über den Lockdown für Ungeimpfte hinaus für weitere Maßnahmen, um Kontakte zu beschränken. Eine „gescheite Maßnahme“ wäre aus seiner Sicht mehr Home-Office.

Impfpflicht für Lehrer?

Auf einen Blick

Das Allerwichtigste im Moment aber sei „die Impfung“, Szekeres ist für eine Impfpflicht nicht nur für Gesundheitspersonal (die von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein Ende vergangener Woche angekündigt wurde), sondern auch für niedergelassene Ärzte wie auch für Pädagoginnen und Pädagogen. „Ein ungeimpftes Gesundheitspersonal, das sich bei diesen hohen Zahlen leicht anstecken kann, stellt natürlich eine Gefährdung der Patienten dar“, so der Ärztekammerpräsident. Er wolle aber auch nicht, dass „ungeimpfte Lehrerinnen und Lehrer Schüler unterrichten, die sich noch nicht impfen lassen können.“Auch am Sonntag blieb die Zahl der Neuinfektionen hoch: 11.552 neue Infektionen sind binnen 24 Sunden verzeichnet worden, 17 Menschen sind an oder infolge von Covid-19 gestorben.
In den Spitälern gab es eine starke Zunahme an Covid-Patienten: 2327 Menschen werden aktuell wegen Corona in den Spitälern behandelt, um 424 mehr als noch vor einer Woche. 433 Patienten benötigen eine intensivmedizinische Behandlung – 68 mehr als eine Woche zuvor.



Ein Fragezeichen sei aber noch die Kontrolle und Umsetzung. Was für ungeimpfte Hausärzte gelten werde, hänge von der Regierung ab, aber: „Ich gehe davon aus, dass sie nicht ordinieren werden.“
Medizinisch würde aus seiner Sicht auch eine Impfpflicht für die gesamte Bevölkerung Sinn machen. Das sei aber eine Entscheidung der Politik – Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hat eine allgemeine Impfpflicht am Sonntag allerdings erneut ausgeschlossen. Für Szekeres ist es auch denkbar, ungeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Gehalt nach Hause zu schicken, weil sie andere gefährden könnten.

„Laufen Gefahr, dass Triage kommt“

Eine Entlastung der Spitäler erwartet Szekeres nicht, im Gegenteil. „So wie es im Moment ausschaut, laufen wir Gefahr, dass es zu Triagen kommt.“ Dann werde man in den Intensivstationen nur noch jene Menschen behandeln können, die die besten Überlebenschancen hätten. Ein Ausbau der Intensivkapazitäten sei nicht ohne Weiteres möglich: „Die Wahrheit ist, dass die Intensivstationen auch ohne Pandemie voll sind.“
Keine Probleme hat der Ärztekammerpräsident mit der Off-Label-Impfung für Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren, wie sie in Wien ab Montag angeboten wird (siehe Artikel rechts). „Ich glaube, dass das viel Sinn macht. Man hat viel Erfahrung damit, die Impfung ist sicher und wirkungsvoll“, so Szekeres. Außerdem erwarte er die Zulassung der Impfung für Fünf- bis Zwölfjährige durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA ohnehin in den nächsten Tagen. Wer die Impfung für seine Kinder schon vorher wolle, solle sich von den Kinderärzten beraten lassen.

Kritik übte Szekeres auch an „Fake News“ rund um die Impfung und am Agieren der FPÖ in diesem Zusammenhang. „Leider gibt es einige, die dem Herrn Kickl mehr vertrauen als ihrem Hausarzt“, so Szekeres: „Vertrauen Sie ihrem Arzt und nicht dem Internet.“ (APA/mpm)

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