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Bulgarien: Wahlsieger Petkow auf Mehrheitssuche ohne Borissow

Kiril Petkow und Asen Wassilew waren Minister im Übergangskabinett und haben nun mit ihrer neuen Partei die Wahlen in Bulgarien gewonnen.
Kiril Petkow und Asen Wassilew waren Minister im Übergangskabinett und haben nun mit ihrer neuen Partei die Wahlen in Bulgarien gewonnen. APA/AFP/NIKOLAY DOYCHINOV
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Die neue Partei PP mit Kiril Petkow an der Spitze liegt überraschend vor der Partei von Ex-Premier Borissow. Eine Corona-Leugner-Partei schafft ebenso den Sprung ins Parlament.

In Bulgarien hat überraschend eine neue Anti-Korruptions-Partei die Parlamentswahl gewonnen. Bei der bereits dritten Wahl in diesem Jahr erhielt die Partei "Wir führen den Wandel fort" (PP) am Sonntag gut 25 Prozent der Stimmen, viel mehr als in den Umfragen erwartet. Die bürgerliche GERB des im April abgewählten Ex-Regierungschefs Boiko Borissow kam mit 22 Prozent auf Platz zwei, wie aus den am Montag veröffentlichten amtlichen Zwischenergebnissen hervorgeht. Das Endergebnis wird erst im Lauf der Woche erwartet.

Der Co-Vorsitzende der PP, Kiril Petkow, gilt nun als möglicher künftiger Ministerpräsident. Petkow strebt eine Koalitionsregierung ohne Borrisows GERB an. Der Absolvent der US-Eliteuniversität Harvard war von Mai bis September schon einmal Wirtschaftsminister in einem Übergangskabinett. Insgesamt sieben Parteien dürften die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament überwunden haben.

Der dritte Platz geht laut dem staatlichen Bulgarischen Rundfunk an die wirtschaftsliberale Türkeipartei (DPS) mit 13,7 Prozent. Die postkommunistische Sozialistische Partei (BSP) folgt mit 10,4 Prozent dahinter. Der Wahlsieger bei den Neuwahlen im Juli, die populistische Formation "Es gibt so ein Volk" (ITN), stürzt auf 9,2 Prozent ab.

Mehrheitssuche wird dennoch kompliziert

Deutlich weniger Stimmen bekommt auch das konservative Wahlbündnis "Demokratisches Bulgarien" - 5,9 Prozent. Als Überraschung gilt, dass die russlandnahe und Corona-leugnende Partei Wasraschdane ("Wiedergeburt") die Chance hat, ins Parlament einzuziehen. Sie lag bei 4,9 Prozent und damit deutlich über der Vier-Prozent-Hürde für den Parlamentseinzug. Die dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres wurde notwendig, weil auch die erst im Juli gewählte Volksversammlung keine regierungsfähige Mehrheit zustande bringen konnte.

"Bulgarien schlägt einen neuen Weg ein", sagte der Mitvorsitzende der Anti-Korruptions-Partei PP, Kiril Petkow, in der Wahlnacht. Der Absolvent der US-Eliteuniversität Harvard stellte eine Koalitionsregierung um die neue Partei in Aussicht. Eine Zusammenarbeit mit Borissows GERB und der Türkenpartei DPS schloss er aus. Für eine Regierungsmehrheit bieten sich noch die Sozialisten, die konservative Koalition "Demokratisches Bulgarien" und die Populisten von ITN an. Als Hauptziele nannte er die Bekämpfung der Korruption und eine Justizreform. Petkow war von Mai bis September Wirtschaftsminister in einem Übergangskabinett.

Stichwahl bei der Präsidentenwahl

Bei der Präsidentenwahl entschied Staatsoberhaupt Rumen Radew den Zwischenergebnissen zufolge die erste Runde mit gut 49 Prozent der Stimmen klar für sich. Trotzdem muss er in eine Stichwahl gegen den zweitplatzierten Anastas Gerdschikow (22,4 Prozent) gehen, da er nicht mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereinigen konnte. Der frühere Kampfpilot und Luftwaffenchef Radew wurde von den Sozialisten (früheren Kommunisten) und Protestparteien unterstützt. Der Rektor der Universität Sofia Gerdschikow trat als Unabhängiger an, der von Borissows GERB-Partei unterstützt wurde.

Die Doppelwahl in dem ärmsten EU-Land wurde inmitten einer heftigen vierten Corona-Welle organisiert. Für Covid-19-Patienten und Menschen unter Quarantäne gab es mobile Wahlurnen. Die Wahlbeteiligung zeichnete sich als recht gering ab. Die Zentrale Wahlkommission (ZIK) sprach von einem Rekordtief.

(APA/DPA)

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