Klimakrise

Wie sich Wälder ohne menschlichen Einfluss entwickelt hätten

Wald in Steirereck am Pogusch, Steiermark
Wald in Steirereck am Pogusch, SteiermarkDie Presse / Clemens Fabry
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Wiener Forscher haben untersucht, wie sich die Wälder entwickelt hätten, wenn sie nicht durch Rodungen oder Holzernte kleiner geworden wären. Ohne menschliches Zutun würden Wälder demnach mehr CO2 speichern, als sie produzieren.

Wälder spielen im Kampf gegen die Klimakrise eine wichtige Rolle. Im Idealfall können sie das klimaschädliche Treibhausgas CO2 einlagern und so die weitere Erhitzung der globalen Temperatur verlangsamen. Doch der menschliche Einfluss auf die weltweiten Waldbestände hat diesen Effekt umgekehrt. Wie sich die Wälder der Welt in etwa entwickelt hätten, wenn Menschen nicht Flächen umgewandelt und intensiv Holzernte betrieben hätten, haben Wiener Forscher in einer Studie im Fachblatt "Nature Communications" berechnet.

Ohne die Reduktion ihrer Flächen hätten die Wälder demnach von 1990 bis 2020 rund 27 Milliarden Tonnen CO2 (GtC) speichern können. Vor allem durch menschliches Zutun stießen sie im Untersuchungszeitraum hingegen 0,74 Milliarden Tonnen CO2 aus.

Ein Forscherteam vom Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien hat für seine Modelle globale Walderhebungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) der vergangenen 30 Jahre herangezogen. Dabei zeigte sich, dass der Wald in den drei Jahrzehnten sehr viel klimaschädliches Kohlendioxid hätte speichern können, wenn man ihn gelassen hätte. Die Wissenschafter sprechen in diesem Fall von einer CO2-Senke.

Holzernte und Waldbrände als massive Einflussfaktoren

Neben den fast 27 Milliarden Tonnen CO2, die nicht in der Atmosphäre gelandet wären, wenn die globale Waldfläche konstant geblieben wäre, hat sich die Holzernte als massiver Einflussfaktor für die Bilanz erwiesen. Ohne die Zunahme der Holzentnahme hätten die Wälder demnach fast fünf Milliarden Tonnen des Treibhausgases aufgenommen, "und unter der hypothetischen Annahme, dass gar keine Ernte stattgefunden hätte", käme man auf eine CO2-Senke von 49,1 GtC, so die Studien-Erstautorin Julia Le Noë in einer Aussendung der Uni.

Hätten wiederum Waldbrände seit 1990 nicht im beobachteten Ausmaß stattgefunden, wären die Wälder zu einer CO2-Senke von zumindest 630 Millionen Tonnen CO2 geworden, heißt es in der Arbeit. Zum Vergleich: In Österreich lag der Ausstoß an Treibhausgasen in den vergangenen Jahren bei jeweils rund 80 Millionen Tonnen.

Zunehmende Biomasse verhindert höheren CO2-Ausstoß

Dass die tatsächliche CO2-Bilanz "nur" bei einem Plus von 740 Millionen Tonnen liegt, sei erhöhten Waldwachstumsraten zu verdanken. Hätte die Biomasse in noch bestehenden Wäldern nicht zugelegt, wäre der CO2-Ausstoß in den 30 Jahren auf 7,4 Milliarden Tonnen angewachsen. "Welche Mechanismen hinter der Erhöhung der Wachstumsraten stecken, ist nicht geklärt. Aber wir sehen, dass die Erhöhung der Wachstumsrate in Ländern des Globalen Nordens noch vor der Flächenausdehnung der wichtigste Faktor war, der den Emissionen durch Entwaldung entgegenwirkte, die vor allem in den globalen Tropen entstanden", so die Ko-Autorin Simone Gingrich.

Aufgrund der fortschreitenden Klimaerhitzung könnte die Fähigkeit der Wälder, CO2 aufzunehmen und zu speichern, bald ein Ende finden. Für den Klimaschutz bzw. die Begrenzung des weiteren Temperaturanstiegs, sei es daher zentral, die Abholzung zu beenden und Holzernte einzuschränken, so die Forscher. Bei der diesjährigen UN-Klimakonferenz haben sich mehr als 100 Länder zumindest auf dem Papier darauf geeinigt, die Zerstörung von Wäldern bis 2030 zu beenden.

(APA/red.)

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