Pandemie

Corona als psychische Dauerbelastung

Viele leiden unter der Dauerbelastung Pandemie.
Viele leiden unter der Dauerbelastung Pandemie.Getty
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Wir befinden uns mitten in der vierten Welle, ein weiter Corona-Winter steht bevor. Die psychische Belastung ist allgegenwärtig, es gibt aber Strategien, die helfen.

Egal, welche Studie man anschaut, egal ob es um Familien, Kinder und Jugendliche oder einzelne Berufsgruppen geht, die andauernde Corona-Pandemie tut niemandem gut. Die psychische Belastung ist unverändert hoch.

In der Praxis zeigt sich das auch bei Einzelpersonen, bestätigt die klinische Psychologin Marion Kronberger. Zu ihr kehren viele in Behandlung zurück, die eigentlich schon zur psychischen Stabilität gefunden hatten, aber jetzt wieder destabil geworden sind. „Mit einzelnen Belastungen kommen wir eigentlich gut zurecht, aber wenn etwas so lange dauert und so übermäßig ist, dann entsteht Überforderung.“ Auch viele Jugendliche würden zu ihr kommen, da sei es manchmal auf den ersten Blick nicht so offensichtlich, dass ihre übergroße Belastung mit Corona zusammenhänge.

Der verloren gegangene Kontext

Belastungen, so Kronberger, würden immer als Aufgaben wahrgenommen. Zu Beginn der Pandemie schienen diese lösbar: „Es gibt ein Virus und davor müssen wir uns schützen. Wenn die Herausforderungen verständlich sind und in einen Zusammenhang gehören, dann stellt man sich ihnen.“ Die ständige Wiederholung, zermürbe aber: „Wir tun etwas, und es ist nicht genug. Wir haben uns an alles gehalten, und es hat nichts geholfen. Uns wird etwas gesagt, und dann komm es anders. Es gibt so widersprüchliche Meinungen mittlerweile, einige haben große Angst vor dem Virus, andere glauben,  keine Angst mehr haben zu müssen.“

Der Gesellschaft sei der Kontext verloren gegangen. „Jetzt ist nicht mehr das Virus der Feind, sondern entweder die Maßnahmen, die wir nicht mögen oder jene, die sich nicht daran halten.“ Auch diese Meinungsspaltung für sich, sei schon ein Zeichen dafür, dass es keine große Lösungsstrategie mehr gibt, an der man sich festhalten könne. „Schuldzuweisungen helfen aber auch nicht weiter, sie machen nur wütend.“ 

Hilflosigkeit und Hoffnung

Dass die Menschen mutlos würden und ihnen die Energie ausgehe, merke man an der hohen Unzufriedenheit. „Wir können mit den größten Problemen zurechtkommen, wenn wir wissen, was wir aktiv tun können, damit es besser wird. Jetzt sind uns die Ziele abhandengekommen, wir haben viel beigetragen, dass dann nicht zur Lösung geführt hat.“ 

Stress sei immer dann am Größten, wenn wir auf etwas keinen Einfluss hätten. „Kommt dann noch eine kleine Belastung dazu, haben wir dafür keine Reserven mehr. Unter der Grundlast der Pandemie kann eine kleine Störung das Gleichgewicht nehmen.“ Für den Einzelnen gelte da zu akzeptieren, dass man das Außen nicht verändern könne, so die Psychologin. „Man kann nur schauen, wie man als Einzelperson einen Weg findet, da gut durchzukommen.“ Es helfe, Entscheidungen zu treffen. „Das ist im Kleinen für den Einzelnen so, aber auch im Großen. Wenn wir das Gefühl haben, wir können handeln, kommen wir aus der Ohnmacht wieder heraus.“ 

Wenn es zu viel wird

Je nach persönlicher Situation sei das einfacher oder schwieriger, aber auch als Einzelperson könne man über manches selbst verfügen: „Ich kann entscheiden, wie sehr lasse ich mich von diesem Thema gefangen nehmen, und wo habe ich Freiräume zu gestalten.“ Kronberger empfiehlt, sich konkrete Strategien für Medienkonsum und den Kontakt mit anderen Personen zu überlegen. Es gilt zu fragen: „Hat es Sinn über das Thema nachzudenken oder macht es mich hoffnungslos? Dann ist es besser, man lenktvsich ab, geht einem Lebensbereich, einem Hobby nach, das nicht unmittelbar betroffen ist.“ 

Wer in Hilflosigkeit versinkt, oder zu Wut neige und Aggressionen nicht mehr abbauen könne, des solle auf jeden Fall professionelle Hilfe aufsuchen, via Telefon oder analog. Zum Beispiel, wenn die Sorgen einen nicht mehr schlafen lassen, oder man sich nicht mehr aus dem Haus traut. „Wenn die Angst übergroß wird, können unsere Strategien damit umzugehen unwirksam werden.“, so Kronberger. 

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