Pandemie

Salzburger Behörden beim Contact-Tracing völlig überlastet

Caio Kauffmann/Die Presse
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Oft werden nur noch die infizierten Personen abgesondert und nicht auch die Kontaktpersonen. Bescheide hinken Tage hinterer. Helfer werden intensiv gesucht, auch unter pensionierten Landesbediensteten.

In Salzburg kommen die Behörden mit der Nachverfolgung der Kontakte von Infizierten nicht mehr nach. Angesichts der täglich hohen Zahl an neuen Corona-Fällen werden vielfach nur mehr die positiv getesteten Personen abgesondert. Doch selbst hier hinken die Mitarbeiter im Contact Tracing hinterher: Betroffene berichteten, dass sie bis zu sechs Tage lang auf ihren Absonderungsbescheid warten mussten.

"Der Fokus liegt momentan auf den Indexpersonen, und wenn noch Zeit ist, auf den Haushaltsangehörigen und vulnerablen Gruppen. Alles andere würde die Ressourcen zu sehr belasten", sagte ein Sprecher des Landes am Mittwoch. Noch Ende Oktober hatten Vertreter von Stadt und Land versichert, dass nach wie vor die Kontakte von Infizierten wie vorgesehen 48 Stunden lang zurückverfolgt werden. Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hatte am Dienstagabend aber am Rande einer Pressekonferenz anklingen lassen, dass dies derzeit fast nicht mehr gehe.

Aus der Pension zurück

Er kündigte an, den Bezirkshauptmannschaften 50 weitere Mitarbeiter zur Verfügung stellen zu wollen - laut Haslauer sollen pensionierte Landesbedienstete geholt werden. Auch im Magistrat der Landeshauptstadt war die Lage zuletzt "dramatisch und bedrohlich", wie Astrid Reichl-Marko, die Leiterin des Gesundheitsamtes, erklärte. Rund 900 Nachverfolgungsfälle in der Stadt Salzburg seien noch nicht abgearbeitet. Das Contact Tracing hinke trotz größter Bemühungen derzeit zwei bis drei Tage hinterher.

Um die Situation zu entspannen, wird ab kommendem Samstag die Stadtbibliothek in eine weitere Contact-Tracing-Stelle umgewandelt - mittlerweile die dritte in der Landeshauptstadt. Buchentlehnungen sind dann nicht mehr möglich, alle 15 Mitarbeiter werden für die Kontaktpersonen-Nachverfolgung eingesetzt. Zuletzt standen in der Stadt dafür rund 80 Mitarbeiter, inklusive 18 Soldaten des Bundesheeres, im Einsatz. "Wir suchen freilich intensiv noch weitere Helfer in anderen Abteilungen des Magistrats und von außerhalb", sagt Michael Haybäck, Leiter der Bezirksverwaltung.

Kritik von SPÖ

Für die SPÖ - die Sozialdemokraten sind im Salzburger Landtag in der Opposition - hat die ÖVP geführte Landesregierung nicht bzw. viel zu spät reagiert. "Nachdem die Kontaktnachverfolgung schon voriges Jahr zusammengebrochen ist, wiederholt sich dieses Versagen ein Jahr später erneut", kritisierte Klubvorsitzender Michael Wanner in einer Aussendung. "Nach dem Zusammenbruch des Contact Tracings in den Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen ist nun auch die restliche Kontaktnachverfolgung implodiert".

Der Anfang Juli vom Land präsentierte Fünf-Stufen-Plan für das Contact Tracing sah in seiner höchsten Eskalationsstufe übrigens zwar Maßnahmen "ab 3.250 zeitgleich Infizierten" und "700 bis 900 Neuinfektionen täglich" vor. Laut EMS waren freilich am Mittwoch in Salzburg 13.634 Personen gleichzeitig infiziert, die Zahl der Neuinfektionen lag jenseits der tausend. Nun könnte auch das Bundesheer im Wege einer Assistenzanforderung in das Contact Tracing einbezogen werden.

(APA)

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