Covid-Station

Ein Intensivpfleger erzählt: „Du weißt nicht, was die Nacht noch bringt"

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++ THEMENBILD ++ SALZBURG: CORONA - INTENSIVSTATION / COVID-STATION / PFLEGEAPA/BARBARA GINDL
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Ein 25-jähriger Salzburger schildert das Arbeitspensum auf einer Covid-Intensivstation am Uniklinikum Salzburg: "Nach dem Dienst denkst du dir, du bist einen Marathon gelaufen“.

"Anspruchsvoll und anstrengend", so beschreibt der diplomierte Krankenpfleger Vinzenz Piso seine Arbeit auf einer Covid-Intensivstation am Uniklinikum Salzburg. Das Personal hat mit Kapazitätsproblemen zu kämpfen. Ständig sei man auf der Suche nach freien Betten, der Tod ist mittlerweile ein ständiger Begleiter. Doch noch steckt in dem 25-Jährigen die nötige Kraft, durchzuhalten.

Die Station hat insgesamt 17 Betten, elf davon sind für die Covid-Versorgung vorgesehen und derzeit voll belegt. Die Covid-Patienten sind meist ab 40 Jahre alt. Pro Dienst kümmern sich zehn bis zwölf Pflegekräfte um diese Menschen. Insgesamt zählt die Station 60 bis 70 Pflegekräfte. "Wir sind ein super Team. Ohne den Zusammenhalt würde es nicht funktionieren", sagt Piso.

Betten für Herzinfarkt-Patienten knapp

Eine der großen Herausforderungen sind für den Salzburger die steigenden Corona-Fallzahlen und der Eskalationsplan, der permanent ausgereizt sei. "Betten müssen für die Covid-Versorgung freigehalten werden. Das Problem ist: Ein Großteil der Station ist für die Versorgung von Covid-Patienten zuständig. Patienten, die nach einer Reanimation eine intensivmedizinische Versorgung benötigen, bleiben nicht aus. Für sie ist die Bettensituation knapp, zum Beispiel nach einem Herzinfarkt. Es muss erst ein freies Intensivbett gesucht werden. Da geht wichtige Zeit verloren."

Die Suche nach Intensivbetten, das rasche Verlegen von Patienten auf andere Stationen oder in andere Spitäler erhöht das Arbeitspensum der Intensivpfleger, wie Piso schildert. "Es gibt viele Verlegungen. Aufgrund der Bettenknappheit werden Patienten, deren Krankheitszustand einen Transport zulässt, auch auf Intensivstationen externer Krankenhäuser aufgeteilt, um die frei gewordenen Betten auf unserer Station sofort wieder zu belegen."

„Du weißt nicht, was die Nacht noch bringt"

Piso absolviert oft zwei bis drei Nachtdienste hintereinander. "Es kann passieren, dass ich um 2.00 Uhr zwei halbwegs stabile Infarkte auf Anordnung der Ärzte auf die Normalstation verlegen muss, weil zwei Patienten in die Notaufaufnahme gekommen sind und intensivmedizinische Betreuung brauchen. Das ist sehr aufwendig, schafft Druck und einen innerlichen Stress. Du weißt nicht, was die Nacht noch bringt, wie viele Patienten du noch verlegen musst. Es kann sein, dass es Patienten auf der Covid-Normalstation schlechter geht und sie intensivpflichtig werden. Und dann weißt du nicht, wo du sie hinlegen sollst."

Vor der Coronapandemie wäre ein Infarkt-Patient vielleicht noch einen Tag länger auf der Intensivstation überwacht worden, sagt der Salzburger. Mit dem Versorgungslimit seien die Pflegekräfte jetzt täglich konfrontiert. "Du arbeitest am Kapazitätslimit." Die hohe Fluktuation an Patienten verursache einen enormen, auch bürokratischen Aufwand für die Pflegekräfte: Unterlagen zusammenrichten, den Patienten für den Transport vorbereiten, den Bettenplatz wieder aufbereiten, das Beatmungsgerät wieder aufrüsten, Aufnahme des neuen Patienten, Dokumentation der Krankengeschichte.

Der Tod, der ständige Begleiter

Wie geht es ihm dabei persönlich? Die permanente Konfrontation mit dem Tod sei psychisch belastend. "Wenn der Patient verstorben ist, wird er in einen Leichensack verpackt und direkt abgeholt, um das Bett für den nächsten Patienten vorzubereiten. Jetzt sterben mehr Menschen und solche, die ohne Covid-Erkrankung nicht gestorben wären, auch Leute ohne Vorerkrankungen." Schwierige Momente erlebt der Krankenpfleger zudem "wenn du Kinder, die ihre Mutter oder ihren Vater verlieren, im Sterbeprozess begleitest. Das ist eine hohe psychische Belastung, die aber von unserem Teamgefüge abgefangen wird."

Körperlich anstrengend sei das Tragen der Schutzkleidung. "Es kann sein, dass ich im Zwölf-Stunden-Dienst acht Stunden eingeschleust bin, weil sich die Situation des Patienten verschlechtert hat. Da bist du gefangen und gehst nicht gleich raus."

Das Atmen mit der Maske bereitet Piso keine großen Probleme. Allerdings wird es unter dem Schutzmantel sehr heiß, zum Beispiel beim Umbetten der Patienten auf eine Spezialmatratze. "Die eng sitzende Maske drückt auf den Nasenrücken und die Bänder der Maske auf die Ohren, was Kopfweh verursacht. Eine Gaudi ist das nicht. Nach dem Dienst sitzt du dann zu Hause auf der Couch und denkst dir, du bist einen Marathon gelaufen."

Dort, wo man gebraucht wird

Der Zusammenhalt auf der Station, das gesamte medizinische Personal, vom Physiotherapeuten über die Pflegekräfte bis zum Arzt, "die alle voll motiviert sind und wo auch noch Humor Platz hat", helfe, solche Situationen zu meistern. "Es ist auch ein gutes Gefühl zu wissen, dass du in der Covid-Pandemie dort bist, wo du am meisten gebraucht wirst. Und dir jetzt auch Zuspruch und Wertschätzung entgegengebracht wird. Wenn wir den Corona-Kranken nicht helfen, dann hilft ihnen keiner."

Eines empfindet Piso als frustrierend: "Wenn man weiß, dass es mit der Impfung ein wirksames Mittel gegen Corona gibt." Die Impfdurchbrüche stünden in keiner Relation zu den schweren Krankheitsverläufen der Nicht-Geimpften. "Und es ist frustrierend, wenn man auf die bundespolitische Ebene schaut, wie das Corona-Thema parteipolitisch ausgeschlachtet wird. Der parteipolitische Gedanke steht über dem gesamtgesellschaftlichen Wohl."

(APA)

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