Grüne und FPÖ fordern „Klartext“ vom Kanzler

Wer vollmundig eine Volksabstimmung verspricht, muss sie durchführen, so die Opposition.

[WIEN/C.D.]Selten waren sich FPÖ und Grüne so einig, wie in der Reaktion auf das Herumlavieren von Werner Faymann nach dem EU-Gipfel am Freitag. „Klartext, Herr Bundeskanzler“, fordert die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig im Gespräch mit der „Presse“. „Seinerzeit hat sich Faymann vor der ,Kronen Zeitung‘ in den Sand geworfen, und jetzt soll das alles nicht mehr gelten?“ Entweder Faymann gebe zu, dass seine damalige Ankündigung Quatsch war – was Glawischnig in jedem Fall unterschreiben würde. Oder er hält sich daran und führt eine Volksabstimmung zur geplanten Änderung des EU-Vertrags (zur Absicherung des Euro) durch.

Auch die Freiheitlichen sind über Faymanns Linie verwundert: „Der Herr Bundeskanzler hat ja vollmundigst angekündigt, bei jeder Vertragsänderung eine Volksabstimmung durchzuführen. Wir erwarten, dass er zu seinem Wort steht“, so FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache am Freitag. Während Strache aber prinzipiell für eine Volksabstimmung ist, kann Glawischnig solchen nationalen Plebisziten nichts abgewinnen: „Sie lähmen nur den Integrationsprozess.“ Und auch inhaltlich lehnen die Grünen das Ergebnis des EU-Gipfels ab, weil derartige Verschärfungen den Aufschwung der Euroländer gefährden könnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Euro-Krise: EU-Vertrag wird "begrenzt" geändert
Europa

Euro-Krise: EU-Vertrag wird "begrenzt" geändert

Um die "selbstmörderische" Forderung nach einem Stimmrechtsentzug für Budgetsünder ist indes ein heftiger Streit entbrannt, Frankreichs Präsident verhöhnte EU-Kommissarin Reding.
Merkel setzt ihren Willen
Europa

Merkel setzt ihren Willen durch und erteilt Barroso Abfuhr

Das Hasardspiel der Kanzlerin ging auf. Die Vertragsänderung könnte ihr allerdings noch entgleiten.
Kommentare

Ein Schein von Stabilität

Deutschland hat massives Interesse daran, dass ihm die auseinanderdriftende Eurozone nicht den Erfolg ruiniert.
EU-Gipfel: Weg für EU-Vertragsänderung ist frei
Europa

EU-Gipfel: Weg für EU-Vertragsänderung ist frei

Bis zum Frühjahr 2011 soll Ratspräsident Van Rompuy einen Vorschlag für einen dauerhaften Rettungsmechanismus bei Finanzkrisen erarbeiten. Ein Stimmrechtsentzug für unbelehrbare Schuldenmacher ist vom Tisch.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.