Elektro-Winzling

Honda e: Mit Witz und Drolligkeit aus der Reihe tanzen

Der Blick des 3,9 Meter langen Honda e erinnert an Gromit, unseren liebsten Plastilinhund.
Der Blick des 3,9 Meter langen Honda e erinnert an Gromit, unseren liebsten Plastilinhund.Clemens Fabry
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Klein, aber teuer: Zum Bestseller unter den E-Autos ist der Honda  e nicht geboren. Dafür besitzt er jetzt schon Kultstatus.

Honda ist der weltweit größte Hersteller von Verbrennungsmotoren. Die versehen in Autos, Mopeds, Motorrädern, Jets und allerlei Gerätschaft von Rasenmähern über Motorsägen bis zu Stromaggregaten ihren Dienst, und man fragt sich wohl auch bei Honda, wie man sich mit diesem Portfolio in einer Welt nicht fossiler Energieträger behaupten soll.


Die Antwort liefert der neue, seit April amtierende CEO des Unternehmens: Schon in zehn Jahren werde Honda nicht wiederzuerkennen sein, als primär Autohersteller wie heute sehe man sich dann kaum noch. Raketen, Roboter und eVTOLs (senkrecht startende und landende Flugobjekte mit Elektro- oder Hybridantrieb) werden neue Geschäftsfelder sein, und von Benzin will man sich bis 2040 gänzlich losgesagt haben. 2024 kommt mit dem Honda Prologue das erste Elektroauto für den Massenmarkt, viele weitere sollen folgen.

Kein Frühstart

Nicht gerade ein Frühstart, doch bis vor Kurzem hieß es von Honda ja auch noch, man glaube an die Hybridtechnik, ans Batterieelektrische dagegen nur für sehr spezifische, sprich urbane Anwendungen. Das war bis April so.
Die Hinterlassenschaft der alten Maxime ist der Honda e. Ein Solitär, der hauptsächlich demonstrieren sollte: Wenn Elektroautos gefragt sind, kann sie Honda natürlich auch bauen. Aber nach eigener Fasson. Im Vorjahr unter viel Applaus auf den Markt gekommen, und dies nur in Europa, ist der Honda e tatsächlich ein ziemlich spezielles Angebot unter den BEVs. Seine Batterie ist mit 35,5 kWh Kapazität nicht viel größer als jene, die manche Plug-in-Hybride an Bord haben. Woraus sich eine Reichweite ergibt, mit der wirklich nur in der Stadt oder für kurzes Pendeln ins Umland etwas anzufangen ist. 180 Kilometer oder gar drüber, so viel wollte uns die Reichweitenprognose auch bei 100 Prozent Ladestand nicht zugestehen.


Das liegt auch am Verbrauch, der doch hoch ist für ein mit etwas über 1,5 Tonnen vergleichsweise leichtes Elektroauto. Obwohl überwiegend in der Stadt betrieben, kamen wir auf um die 20 kWh pro 100 km, eher darüber – einen solchen Wert haben wir schon bei größeren E-Autos beanstandet.


Klar, mit Lüftung und Heizung, aber ohne A/C. Dass wir mit Winterjacke, Mütze und Handschuhen im Auto sitzen, wie das bei den ersten Elektroautos vor ein paar Jahren noch unabdingbar war, um mit einer Ladung irgendwohin zu gelangen, nehmen wir nicht mehr hin. Warm wollen wir es schon haben, der aktiv flüssigkeitsgekühlte Akku des Honda e ist ja auch temperiert. Auch wenn uns eine Angabe am Display unter die Nase reibt, wie viele Kilometer wir ohne Ventilation gutmachen könnten.
Mit 113 Kilowatt Spitzenleistung, 154 PS nach alter Schule, ist der Kleine temperamentvoll und spritzig motorisiert. Aber so wild kann man im Stadtverkehr auch wieder nicht auf die Tube drücken. Der eher hohe Verbrauch ist uns also ein Rätsel geblieben.
Dennoch war jede einzelne Fahrt ein Genuss. Nähert man sich dem Auto, springen die Türgriffe aus der Versenkung. Kaum hat man Platz genommen, zeigt sich sofort, dass Honda nicht unbedingt das beste, sondern ein besonderes E-Auto bauen wollte.

 Interieur nach Zen und Feng-Shui: ein Kokon mit 154 PS.
Interieur nach Zen und Feng-Shui: ein Kokon mit 154 PS.Clemens Fabry


Eingerichtet ist es wie von einem gehobenen Möbelhaus. Bequeme Sitze mit schönem Stoffbezug, Holzdekor und eine Lasche aus Leder, um einen Becherhalter aus seinem Versteck zu zaubern – und natürlich die Bildschirme, die sich in der Breite über den gesamten Armaturenträger erstrecken. Es sind fünf: einmal Cockpit-Instrument, zweimal für das Bild der Kameras, die Außenrückspiegel ersetzen, zweimal 12,3 Zoll groß für das Bordsystem. Über diese beiden kann man auch einen Bambuswald oder ein Aquarium betrachten – oder Filme streamen, um Ladezeiten zu überbrücken.
Parkplätze sind leicht gefunden, der Wendekreis erspart oft Reversieren. Obwohl nur 3,9 Meter lang, geben über 2,5 m Radstand einen (zumindest für die vorn Sitzenden) geräumigen Kokon frei, der zudem äußerst fidel am Fahrpedal hängt.

Praktisch: Der zentrale Ladeanschluss ist von allen Seiten leicht zugänglich.
Praktisch: Der zentrale Ladeanschluss ist von allen Seiten leicht zugänglich. Clemens Fabry

Die Ein-Pedal-Funktion muss nach jedem Start neu aktiviert werden, damit kann man sich das extra Bremsen die meiste Zeit schenken. Für Drifteinlagen – wir haben ja Heckantrieb – lässt sich sogar das ESP ausschalten.
Der Spaß kostet freilich, es heißt auch deswegen: Kultstatus, weil sich nicht viele drübertrauen.

Honda e Advanced

Maße: L/B/H: 3894/1752/1512 mm, Radstand: 2538 mm, Leergewicht: 1520 kg, Kofferraum: 171 bis 861 Liter

Antrieb: PSM an der Hinterachse, Leistung: max. 113 kW (154 PS), Drehmoment: max. 315 Nm, Akku-Kapazität: 35,5 kWh, Ladeleistung: AC 6,6 kW, DC max. 50 kWh
0–100 km/h in 8,3 Sek.
Vmax: 145 km/h, Testverbrauch: 20,6 kWh/100 km
Reichweite im Test: unter 180 km

Preis: 36.090 Euro

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