Flüchtlinge

Grenzschutz von Belarus räumt Migrantenlager

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Aufgrund der schlechter werdenden Wetterverhältnisse wurden die Menschen in ein Logistikzentrum nahe der Grenze gebracht.

Der Grenzschutz von Belarus hat das provisorische Lager von Migranten an der EU-Außengrenze zu Polen nach eigenen Angaben geräumt. Es würden keine Migranten mehr auf den Grünstreifen vorgelassen, sagte eine Sprecherin der Behörde. Dort hatten über Tage Tausende Menschen auf ihrem Weg in die EU trotz kühler Temperaturen ausgeharrt. Am Dienstagabend waren bereits mehr als tausend Menschen aus dem Lager in eine riesige Lagerhalle gebracht worden - „auf freiwilliger Basis“, wie es vonseiten der belarussischen Behörden hieß.

Doch rund 800 weitere Menschen hatten bei Temperaturen unter null Grad weiter in Zelten oder an Lagerfeuern im Freien geschlafen. Das provisorische Lager lag in einem Waldgebiet unweit des Grenzübergangs Bruzgi. Am Dienstag hatten polnische Sicherheitskräfte dort Tränengas und Wasserwerfer gegen Flüchtlinge eingesetzt. Der polnische Grenzschutz bestätigte nun die Evakuierung des Lagers.

Die Menschen, die zuvor direkt an der Grenze zu Polen kampiert hatten, sind mittlerweile in einem Logistikzentrum in der Nähe untergebracht. Sie klagen über Hunger und mangelnde Hygiene. Es gebe nicht ausreichend zu essen und kaum eine Möglichkeit, sich zu waschen, sagen sie. Einige sprechen offen über ihre Angst, deportiert zu werden, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete. Sie hoffen, dass die EU - und besonders Deutschland - doch noch die Grenzen öffnet.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sicherte dem UN-Flüchtlingshilfswerk bei der Versorgung der Menschen Unterstützung zu. Merkel sprach per Video mit dem Hohen Flüchtlingskommissar Filippo Grandi sowie dem Generaldirektor der Internationalen Organisation für Migration, António Vitorino. Laut Regierungssprecher Steffen Seibert unterstrich Merkel die wichtige Rolle der beiden Organisationen für die humanitäre Versorgung, den Schutz und auch die sichere Heimkehr der Migranten. Die britische Regierung will indes weitere Soldaten nach Polen zur Unterstützung schicken, ebenso der Baltenstaat Estland, der 100 Soldaten entsenden will, wie beide Länder mitteilten.

Immer wieder haben Migranten versucht, die von polnischen Sicherheitskräften stark gesicherte Grenze zu überwinden - das gelang auch in einigen Fällen. Polens Grenzschutz zufolge haben belarussische Lastwagen am Donnerstagabend auf der Höhe des Ortes Dubicze Cerkiewne Migranten an die Grenze gebracht. Die rund 500 Menschen hätten mit Steinen und Ästen geworfen, belarussische Uniformierte hätten die Polen mit Laserstrahlen geblendet.

Das Vorgehen der polnischen Sicherheitskräfte gegen Migranten kritisierten Lukaschenko und Russlands Staatschef Wladimir Putin bei einem Telefonat, wie der Kreml mitteilte. Zugleich appellierte Moskau an die EU, zur Lösung der Krise mit dem belarussischen Machthaber zu reden. Die EU erkennt Lukaschenko wegen des Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten nach der Präsidentenwahl in der Ex-Sowjetrepublik von August 2020 aber nicht mehr als Präsidenten an. Merkel sprach in dieser Woche gleich zweimal mit Lukaschenko - Kritik kam etwa von den Regierungen Polens und Litauens.

Die schwedische Außenministerin Ann Linde, die derzeit den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) innehat, sagte bei einem Besuch in Moskau: "Wir können feststellen, dass es in den letzten 24 Stunden Veränderungen gegeben hat, seit Minsk die Migranten in ein hangarähnliches Gebäude verlegt hat."

An der EU-Außengrenze zu Belarus, besonders an der Grenze zu Polen, sitzen seit Wochen Tausende Flüchtlinge aus dem Nahen Osten, darunter viele Kurden aus dem Nordirak, bei eisigen Temperaturen fest. Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, absichtlich Flüchtlinge ins Grenzgebiet zur EU zu schleusen.

(APA/DPA)

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