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Intensivmediziner begrüßen Lockdown, Kickl ortet "Diktatur"

Herbert Kickl
Herbert Kickl(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Die türkis-grüne Regierung überschreite mit der Impfpflicht "eine dunkelrote Linie", kritisiert der FPÖ-Chef. SPÖ und Neos orten Versäumnisse in der Pandemiebekämpfung.

Mit erwartungsgemäß drastischen Worten hat die FPÖ auf die neuen Maßnahmen gegen die Coronawelle reagiert - insbesondere die geplante Impfpflicht. Via Aussendung konstatierte Parteichef Herbert Kickl, der vor kurzem selbst positiv auf Covid getestet worden war: "Österreich ist mit heutigem Tag eine Diktatur!" Mit dem angekündigten "generellen Impfzwang" überschreite die türkis-grüne Bundesregierung "eine dunkelrote Linie“.

"Weil die Regierung seit Beginn der Pandemie versagt hat, muss es nun die Bevölkerung mit einem verfassungswidrigen Impfzwang ausbaden", glaubt Kickl. Zuvor hatten mehrere Verfassungsexperten keine Bedenken gegen diese Maßnahme geäußert. Dennoch, so findet der FPÖ-Chef: "Das können und dürfen wir uns nicht gefallen lassen." Kickl forderte den Verfassungsgerichtshof auf, rasch zu handeln. Er erwartet vorab eine Stellungnahme des VfGH zum "Regierungsangriff auf das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit der Menschen in diesem Land".

Neos orten Totalversagen

Für SPÖ-Obfrau Pamela Rendi-Wagner ist klar, wie sie in einer Aussendung betonte: "Der vierte Lockdown hätte verhindert werden können. Die Regierung hat die Warnungen der Experten zu lange nicht ernstgenommen." Die Impfpflicht nannte sie abermals ein "heikles Thema", entscheidend sei aber, dass eine Situation wie derzeit damit künftig jedenfalls verhindert werde. Zudem drängte Rendi-Wagner auch darauf, die dritte Teilimpfung sofort aktiv zu forcieren.

Für die Neos ist der erneute komplette Lockdown in Österreich das Ergebnis eines Totalversagens der Bundesregierung. "Dass er nun als ultima ratio scheint, um das Gesundheitssystem zu schützen, zeigt nur das Zögern und Zaudern davor", sagte Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger in einer ersten Reaktion. Bestraft würden auch jene Bundesländer, die Vorbereitungen getroffen haben und das Impfen sowie PCR-Testmöglichkeiten breit ausgerollt haben. "All das hätte sich Österreich erspart, wenn im Sommer und Frühherbst entschlossen gehandelt worden wäre", meint Meinl-Reisinger.

Intensivmediziner: „Höchste Zeit für Vollbremsung"

Intensivmedizinerinnen und -mediziner begrüßten den Lockdown. "Die Rekordwerte bei den Infektionszahlen, die wir jetzt Tag für Tag erlebt haben, werden sich erst zeitverzögert auch in den Normal- und Intensivstationen widerspiegeln. Es ist wirklich höchste Zeit für eine Vollbremsung", betonte Walter Hasibeder, Präsident der Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI).

"Angesichts der aktuellen Infektionsentwicklung gibt es aus unserer Sicht keine Alternativen zu einer noch stärkeren Kontaktbeschränkung als zuletzt, daher sind alle Maßnahmen zu begrüßen, die mithelfen, die Dynamik zu dämmen", so Hasibeder in einer Aussendung. "Allerdings kommen sie spät", erläuterte er. Auch wenn jetzt Geimpfte wie Ungeimpfte von verschärften Maßnahmen betroffen sind, bleibe es natürlich das Gebot der Stunde, dass sich noch nicht Immunisierte impfen lassen und bereits Immunisierte an den rechtzeitigen "Booster" denken, betonte Hasibeder.

"In vielen Bereichen sehen wir durch die Corona-bedingt hohe Belastung der Intensivkapazitäten schrittweise immer mehr Kollateralschäden in anderen Versorgungsbereichen“, betonte Hasibeder. Jede und jeder in Österreich sei betroffen, wenn nicht mehr alle Unfall-, Schlaganfall- oder Herzinfarktopfer oder Krebspatientinnen und -patienten die Versorgung bekommen können, die sie bräuchten.

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(APA)

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