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Debatte

Internationale Pressestimmen: Der "Corona-Hammer" in Österreich

In Österreich sei der „größtmögliche Schaden“ angerichtet worden, schreibt die „NZZ“. Und das „Handelsblatt“ schreibt über die „Coronamüdigkeit in der Bevölkerung“. Erste Stimmen aus internationalen Medien.

In zahlreichen internationalen Nachrichtenmedien war Österreichs Lockdown und die neu eingeführte Impfpflicht am Freitag eines der wichtigsten Themen des Tages: Unisono vom „Corona-Hammer!“ in Österreich berichten etwa die deutsche „Bild"-Zeitung und das Schweizer Boulevardblatt „Blick". Viele haben auch diese Zeilen der deutschen Nachrichtenagentur „dpa" übernommen: „Schallenberg und sein konservatives Regierungsteam hatten sich bis zuletzt gegen weitere Einschränkungen ausgesprochen. Vorschläge des grünen Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein zum Beispiel zu nächtlichen Ausgangsbeschränkungen für alle wurden kritisiert.“

„CNN" berichtet ganz oben auf der Website, dass Österreich nicht nur das erste Land in Europa ist, das wieder in einen allgemeinen Lockdown geht, sondern auch als erstes eine Impfpflicht erlasse. Auch die britische „BBC" berichten groß über die Impfpflicht in Österreich. Und im „Guardian" schreibt Korrespondent Jon Henley in einer Analyse über „Gewitterwolken über Europa" und über Österreich als westeuropäisches Land mit der geringsten Impfquote. Allerdings sei die Situation in mehreren EU-Mitgliedsstaaten „dramatisch“.

Auch US-Medien nehmen Österreich ins Visier. Man geht aber auch davon aus, dass weitere Länder Europas in den allgemeinen Lockdown gehen werden: Bojan Pancevski vom „Wall Street Journal“ schreibt: „Der Großteil Europas ist wieder von mehr Coronavirus-Infektionen betroffen. Bisher war der Anstieg in Ländern, die Infektionen in den frühen Stadien der Pandemie vergleichsweise gut bewältigten, wie Österreich und Deutschland, stärker. Auch in südeuropäischen Ländern, von denen viele eine hohe Impfrate aufweisen, ist ein Anstieg der Fälle zu verzeichnen, jedoch von einer niedrigeren Basis aus.“

In der „New York Times“ erklären die beiden Journalisten Christopher F. Schuetze und Elian Peltier die Lage in Österreich und sagen dazu: „Es ist der erste derartige Lockdown in einem europäischen Land seit dem Frühjahr und die erste nationale Impfpflicht, das in einer westlichen Demokratie verkündet wird. (...) Aus wachsender Besorgnis über die jüngste vierte Welle ging Österreich vor wenigen Tagen einen Schritt weiter als die meisten Länder, indem es einen Lockdown für ungeimpfte Menschen verhängt. Dieser bleibe auch nach Ablauf des kompletten Lockdowns aufrecht, sagte Kanzler Schallenberg.“

Im deutschsprachigen Medien gibt es auch erste Kommentare und ausführliche Analysen zur aktuellen Lage in Österreich:

„Größtmöglicher Schaden angerichtet"

Screenshot

In der Schweizer „NZZ“ schreibt Meret Baumann: „Die Politik hierzulande ist gut beraten, nicht mit Unverständnis über den Arlberg zu blicken, sondern mit vereinten Kräften eine ähnliche Katastrophe rechtzeitig abzuwenden.“ Denn: „Die Impfpflicht wird die Gesellschaft noch tiefer spalten.“
Weiter schreibt sie:
„Das groteske Schauspiel kostete wertvolle Zeit, in der mit notwendigen, aber punktuellen Massnahmen vielleicht noch Gegensteuer hätte gegeben werden können. Warum gab es etwa nicht längst eine Home-Office-Empfehlung, ein vorläufiges Verbot von Großveranstaltungen oder auch eine Schliessung von Bars und Klubs? All das wäre unerfreulich gewesen und fern der Normalität, die man sich mit der Impfung erhofft hatte. Es wäre auch ein Eingeständnis gewesen, dass Altkanzler Sebastian Kurz mit seiner gebetsmühlenartig wiederholten Ansage, die Pandemie sei für die Ungeimpften vorbei, danebenlag. Dass genau dies seine Partei und ihre Exponenten in der Regierung und den Bundesländern zögern ließ, will man kaum glauben. Allein dass dieser Vorwurf kursiert, ist Ausdruck des desolaten politischen Klimas.
Das Dilemma der Regierung, mit Einschränkungen auch für Geimpfte die Impfkampagne zu torpedieren, war echt und nachvollziehbar. Doch mit dem vierten harten Lockdown ist nun der grösstmögliche Schaden angerichtet."

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„Unwürdiges Schauspiel der Spitzenpolitik"

In der „Zeit“ schreibt Florian Gasser: „Dass die Regierung nun zu solch drastischen Maßnahmen greifen muss, ist nicht nur die Schuld der Ungeimpften. Es ist das Ergebnis eines politischen Versagens.  Der Lockdown für alle war nur eine Frage der Zeit. Der Grund, warum sich die ÖVP-Spitze trotzdem bis zuletzt dagegen aussprach, ist so banal wie fatal: Für Geimpfte wurde die Pandemie von Altkanzler Sebastian Kurz und von seinem Nachfolger Schallenberg bereits mehrfach für beendet erklärt. Der Lockdown wäre ein Eingeständnis des Scheiterns gewesen – deshalb wollte man ihn um jeden Preis verhindern, koste es, was es wolle. Man behalf sich mit gelinderen Mitteln, 2G wurde eingeführt und eine Woche später ein Lockdown für Ungeimpfte, von dem keiner wusste, wie er kontrolliert werden soll.
Das Schauspiel, das die österreichische Regierung zuletzt veranstaltete, war einer Spitzenpolitik unwürdig. Es war ein Gerangel ohne Sieger. [...] Die Pandemie war für Österreichs Regierung von Anfang an ein Wettstreit. Es ging nicht nur darum, die Krise gut zu meistern, man wollte immer besser als andere sein. Für Sebastian Kurz gab es stets 'uns' und 'die anderen'. Das SPÖ-regierte Wien war ein besonders beliebter Watschenmann."

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Wirklich „kurz und knackig"?

Ivo Mijnssen meint im deutschen „Handelsblatt“: „Ob dieser Lockdown wirklich 'kurz und knackig' sein wird, wie man dies in Wien hofft, ist zweifelhaft. Die Regierung hat mit ihren zahlreichen Kehrtwenden viel Vertrauen verspielt: Im Sommer hatte Altkanzler Sebastian Kurz mehrmals verkündet, die Pandemie sei für Geimpfte vorbei. Dieses Versprechen sowie die Rücksichtnahme auf wirtschaftliche Interessen ließen auch seinen Nachfolger lange zögern, harte Maßnahmen zu ergreifen. Die gegenwärtigen Infektionszahlen werden aber vermutlich nicht innerhalb weniger Tage radikal sinken. Auch die Lage in den Spitälern dürfte sich zunächst eher noch verschärfen als entspannen.
Dazu kommt eine politisch äußerst polarisierte Situation mit einer starken Corona- und Impfskepsis, die in der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei auch eine politische Vertretung hat. Die FPÖ hat für Samstag bereits zu einer Großdemonstration aufgerufen, zu der Tausende in Wien erwartet werden.
Ein größeres Problem als diese radikalen Regierungsgegner dürfte aber die Coronamüdigkeit in der Bevölkerung sein. Sie wird sich eher nicht strikt an die Beschränkungen halten, sondern diese dort unterlaufen, wo es möglich ist. Dies trug maßgeblich dazu bei, dass der letzte Lockdown faktisch von November 2020 bis Mai 2021 dauerte.
Die Regierung will deshalb ab Februar 2022 auch eine Impfpflicht einführen. Damit wäre Österreich europaweit das erste Land, das einen solch radikalen Schritt vollzöge. Für Schallenberg ist dies aber der einzige Schritt, um eine nächste Welle und den nächsten Lockdown zu vermeiden."

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„Eine scharfe Warnung an die Schweiz"

Im Schweizer „Tagesanzeiger“ schreibt Dominique Eigenmann: „Das Nichtvorstellbare ist in Österreich und Deutschland längst Tatsache. Österreich schliesst bei astronomischen Inzidenzen erneut das ganze Land und erlässt eine Impfpflicht für alle. Deutschland registriert immer neue Höchststände. [...] Warnungen der Wissenschaft wurden in der Öffentlichkeit monatelang kaum mehr ernst genommen, auch viele Medien trällerten lieber die Freiheitsmelodie rauf und runter. Im Bundestagswahlkampf spielte das Thema Corona so gut wie keine Rolle – ausser, dass alle Parteien hoch und heilig versprachen, zu einem neuerlichen Lockdown werde es nicht kommen. [...]Die Entwicklung in Deutschland – und noch dramatischer jene in Österreich – ist auch eine scharfe Warnung an die Schweiz. Die Impfquote ist hierzulande so ungenügend wie in den Nachbarländern, Drittimpfungen laufen viel zu langsam an, nicht einmal 2-G-Regeln für Freizeitvergnügen scheinen mehrheitsfähig. Statt eines Regierungswechsels lähmt die Abstimmung über das Covid-Gesetz die Regierung, unpopuläre Massnahmen zu ergreifen.
Noch ist die Lage in Schweizer Spitälern nicht so schlimm wie in bayerischen oder österreichischen. Aber die Schweiz sollte sich besser nicht darauf verlassen, dass sie dieser vierten Welle durch ein Wunder entkommt. Das Virus kennt keinen Sonderfall."

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„Sichtlich geknickter Alexander Schallenberg"

In der „Augsburger Allgemeinen“ beobachtet Wien-Korrespondent Werner Reisinger: „Verantwortlich für die Kompromisslösung des quasi freiwilligen Homeschoolings soll ÖVP-Bildungsminister Heinz Fassmann sein. Er wollte trotz durch die Decke schießender Infektionszahlen in den entsprechenden Altersgruppen die Schulen um jeden Preis offen lassen – gegen den Willen seiner Parteikollegen, den Landeshauptleuten von Salzburg und Oberösterreich, wo die vierte Welle besonders schlimm wütet. Dort wollte man, nachdem man sich noch vor Tagen mit Händen und Füßen gegen harte Maßnahmen gewehrt hatte, nämlich nicht nur einen 'Lockdown bis Weihnachten', sondern auch geschlossene Schulen. Stattdessen hofft man nun, dass Tests und eine FFP2-Maskenpflicht für alle Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer die Infektionsketten in den Klassen brechen werden.
Einen sichtlich geknickten, um nicht zu sagen düpierten Eindruck machten Kanzler Schallenberg und der grüne Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, als sie nach einer Nacht der Verhandlungen – bezeichnenderweise nicht in Wien, sondern in Tirol – am Freitagvormittag den Lockdown verkündeten. Mückstein, nicht aber Schallenberg, entschuldigte sich dafür, dass man als Regierung 'nicht an einem Strang gezogen' habe."

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(sk)

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