Krisenkommunikation

Resilienz für den Notfall

In der Krisenkommunikation muss man in jeder Situation kühlen Kopf bewahren können.
In der Krisenkommunikation muss man in jeder Situation kühlen Kopf bewahren können. (c) Getty Images/iStockphoto (brazzo)
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Ob das Lawinenunglück in Galtür, der Absturz der Lauda-Air-Maschine oder die Pandemie: Richtige Kommunikation ist essenziell – und will gelernt sein.

Oft spricht man von der Notwendigkeit einer Krisen-Feuerwehr oder Krisen-PR, wenn zu befürchten steht, dass ein Unternehmen oder eine Institution einen dauerhaften (Image-)Schaden erleidet. „Die enorme multidimensionale Dynamik in Krisensituationen kann bei schlechter Vorbereitung zu teilweise vermeidbaren Stresssituationen und damit verbundenen Reaktionsdysfunktionalitäten führen“, sagt Michael Fischer, Leiter der Fakultät Sicherheit an der FH Wiener Neustadt. Dass Krisen heute schneller publik werden, liegt vor allem an ihrer Verbreitung über Internet und soziale Netzwerke: „Alles, was heute nach Fehler oder Krise riecht, verbreitet sich in Windeseile um den Erdball, und trifft auf eifrige Kommentatoren. Umsichtige Krisenkommunikation setzt diesem Treiben nüchterne Fakten, Aufklärung, Übernahme von Verantwortung, Lernen für die Zukunft entgegen“, erklärt Brigitte Reiter, Leiterin der Universitätslehrgänge Strategische Kommunikation und PR sowie Organisational Communications an der Donau-Universität Krems. Zeitnahe, aktive, zielgruppenkonforme Kommunikation erzeuge Vertrauen, vermittle Problemlösungskompetenz und die nötige Transparenz, um die unternehmensinterne als auch übergreifende Zusammenarbeit sicherzustellen, ergänzt Fischer.

Planspiele simulieren Ernstfall

An der FH Wiener Neustadt wird der Masterstudiengang Strategisches Sicherheitsmanagement angeboten. Krisenkommunikation ist ein wesentlicher Teil davon. Der Studiengang umfasst vier Semester, die sich den Bereichen Strategie, Sicherheit, Management, Recht, Persönlichkeit und wissenschaftliche Kompetenzen widmen. Dabei geht es nicht nur um Theorie, sondern um die konkrete Übersetzung in die Praxis. Das passiert etwa in Planspielen: „Jeder Studierende soll selbst erfahren und erlernen, was es bedeutet, in derartigen Situationen rational, zielgerichtet und strukturiert zu kommunizieren und dabei einen kühlen Kopf zu bewahren“, sagt Fischer. Die dafür notwendigen Kompetenzen werden in Lehrveranstaltungen wie zum Beispiel „Entscheidungsfindung in Krisensituationen“ oder „Medien- und Krisenkommunikation“ sowie „Kommunikation in Konfliktsituationen“ oder „Medien- und Öffentlichkeitsarbeit“ vermittelt und trainiert.

An der Donauuni gibt es neben den beiden Studiengängen die Möglichkeit, das Modul Krisenmanagement und Krisenkommunikation einzeln zu buchen. In einem ersten Schritt lernt man, ein Ereignis richtig einzuschätzen. „Unsere Studierenden entwickeln Krisenszenarien, die vor allem für die Prävention von Krisen wichtig sind. Dann trainieren sie Krisenkommunikationsstrategien und -instrumente, die in Akut-Krisen angewendet werden können“, erklärt Reiter. Thema sei auch eine effiziente Aufgabenteilung, innerhalb eines Krisenstabs oder zwischen Unternehmen und externen Krisenkommunikationsberatern. Und auch die Krisennachbereitung wird vermittelt: „Wir schauen uns mit den Studierenden an, wie man nach einer Akut-Krise wieder die Reputation eines Unternehmens, einer Organisation, nach innen wie nach außen stärken kann.“

Flexible Strategie und einheitliches Bild

Zart besaitet sollte man allerdings nicht sein, wenn man sich in dieses Feld einbringen will. „Es braucht persönliche Resilienz und Stress-Resistenz“, sagt Peter Grabner, Leiter des Masterstudiengangs Digitalisierung, Politik und Kommunikation an der FH Campus Wien: „Und es braucht die Fähigkeit, eine Kommunikationsstrategie so zu entwerfen, dass sie rasch angepasst werden kann. Wichtig ist, an systemischen Koppelungen integrierte Kommunikationskonzepte zu entwickeln, um in Krisensituationen ein einheitliches Bild nach außen abzugeben sowie das Verständnis über verschiedene Systemlogiken in Politik und Gesellschaft.“ Breites Wissen über unterschiedliche Kommunikationsinstrumente – von visueller Kommunikation, über Social Media bis hin zum datengetriebenen Campaigning – sei ebenso erforderlich. Deshalb ist der berufsbegleitende Masterlehrgang darauf ausgerichtet, politische Expertise, technisches Wissen und Kommunikations-Know-how zu verschränken, um Kommunikations- und Steuerungsprozesse in der Gesellschaft voranzutreiben.

Zur Krisenkommunikation in der Pandemie gibt sich Grabner diplomatisch: „Wichtig in Krisensituationen ist ein einheitliches und klares Auftreten, daran muss kontinuierlich gearbeitet werden.“ Und auch seine Kollegen fokussieren auf den Lerneffekt. „Ich kann nur hoffen, dass die Erkenntnisse aus der aktuellen Krise ernst genommen werden, zu konkreten Verbesserungen bei Management und Kommunikation einer (Gesundheits-)Krise führen und über die nächsten Nationalratswahl hinauswirken“, sagt Reiter, und Fischer ergänzt: „Wichtig erscheint es mir, dass die Learnings in zukünftige Überlegungen und in weiterer Folge in diverse Ausbildungen, Übungen und Trainings einfließen.

Web:www.www.fh-campuswien.ac.at,www.donau-uni.ac.at, www.fhwn.ac.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2021)

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