Maßnahmengegner

"Volksaufstand": Massiver Protest gegen Lockdown und Impfpflicht in Wien

In Wien wird gegen die Corona-Politik der Regierung demonstriert.
In Wien wird gegen die Corona-Politik der Regierung demonstriert.(c) APA/FLORIAN WIESER (FLORIAN WIESER)
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Seit Stunden ziehen am Samstag Tausende Menschen durch die Wiener Innenstadt. Der Ring ist lahmgelegt und ein Ende des Protestzugs ist nicht in Sicht. Die Stimmung wird zunehmends aufgeheizter, nach Attacken auf die Polizei setzt diese Pfefferspray ein.

Mehr als 35.000 Menschen sind nach aktuellen Schätzungen in der Wiener Innenstadt unterwegs, um gegen die andauernden Maßnahmen und die angekündigte Impfpflicht zu demonstrieren. Darunter sind auch viele Menschen aus Nachbarländern extra dafür angereist. Die FPÖ spricht hingegen von 100.000 Menschen. Auch sie hatten massiv für die Demonstration mobilisiert. Der Zug umfasst seit dem späten Nachmittag fast den gesamten Ring. Zu vernehmen sind immer wieder Sprecher, die die Teilnehmer vor der Impfung warnen, da damit „ein Betriebssystem samt 5G installiert“ injiziert werde. Mehr als zehn Personen wurden im Laufe der Demonstrationen bereits festgenommen. Unter anderem wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz. Zu fortschreitender Stunde wird die Stimmung unter den Demonstrationsteilnehmern zunehmends aufgeheizter. Gegen 17 Uhr löste sich ein Teil des Zugs und nimmt Kurs auf die Mariahilferstraße. Die Polizei ist mittlerweile auch vor Ort. Ein Großteil der Teilnehmer befindet sich nach wie vor am Ring. Am äußeren Burgtor griff die Polizei zu Pfefferspray, nachdem sie mit Flaschen beworfen wurde.

Die Presse berichtet live über die Vorkommnisse aus der Wiener Innenstadt. Eine Chronologie der Ereignisse.

Kurz vor 12 Uhr war zunächst noch nicht viel los am Heldenplatz. Der Platz vor der Bühne, die die Initiative „Fairdenken“ vor der Hofburg aufgestellt hat, hat sich noch nicht gefüllt. Lange Transparente auf dem Boden zeigen aber deutlich, worum es heute geht: „Nieder mit dem Coronafaschismus“ und „Schützt unsere Kinder“ steht dort neben Bildern von Ex-Kanzler Kurz oder Gesundheitsminister Mückstein - als Sündenböcke dargestellt. Auf der Stirn von Kleinkindern prangt ein Barcode.

Die Presse/Teresa Wirth

Ein paar hundert Meter weiter vor dem Museumsquartier steht die große Bühne der FPÖ. Auch hier haben sich, wie an vielen anderen Plätzen der Stadt, Gruppen von Demonstranten versammelt. Sie sind gut zu erkennen: Wer kein Transparent mitgebracht hat, schwingt eine rot-weiß-rote Flagge. Auch Jacken mit dem Reichsadler am Rücken sieht man heute häufig. Sie alle haben aber ein Ziel: den Heldenplatz. Nach einer großen Kundgebung soll von dort aus in einem großen Marsch über den Ring gezogen werden.

Die Ruhe vor dem Sturm

13 Uhr: Es wird voller. Bald schon tummeln sich am Heldenplatz Menschen, die ihrem Ärger Luft machen wollen. Auf der Bühne wird daran erinnert, die Masken zu tragen, sie ist heute vorgeschrieben. Etwa die Hälfte der Leute hält sich daran. Die Polizei prüft indes stichprobenartig mitgebrachte Atteste, die von der Maskenpflicht befreien.

Die Stimmung ist ausgelassen, im Takt wird zum Beat einer Trommlertruppe geklatscht. Es werden Selfies gemacht und mit Transparenten posiert. „Impfzwang Pfui“, „Freiheit“, „Menschenwürde“ sind beliebte Schlagwörter. Zahlreiche Menschen sind extra aus den Bundesländern angereist sind, sie schwingen ihre Landesflaggen, auch ganze Gruppen aus Polen und Italien sind zu sehen.

(c) APA/FLORIAN WIESER (FLORIAN WIESER)

Jubel bricht unter der Menge aus, als eine Gruppe, offenbar Polizisten in Zivil, durch das Heldentor marschieren. „Es reicht! Polizisten für Freiheitsrechte“ steht in großen Buchstaben auf dem Transparent. Offenbar handelt es sich hier um deutsche Staatsbürger. Die heimische Polizei will diese Vorkommnisse prüfen.

Weniger gut kommt die sich in regelmäßigen Abständen wiederholende Durchsage aus dem Polizeiwagen an, die auf die Maskenpflicht aufmerksam macht. Mit Pfiffen, Tröten und Buhrufen wird sie übertönt. Dennoch verläuft die Kundgebung bisher ruhig. Die zahlreichen anwesenden Polizeibeamten werden toleriert.

Samstagvormittag, die Demonstrierenden bringen sich in Stellung.
Samstagvormittag, die Demonstrierenden bringen sich in Stellung.Die Presse/Teresa Wirth

Auf dem Platz zwischen Heldentor und Maria-Theresien-Platz hat sich eine fast genauso große Menge versammelt. Die FPÖ begrüßt Martin Rutter als Redner, eines der prominentesten Gesichter der Anti-Maßnahmen-Szene. „Wir werden nicht weichen! “ ruft er. „Ich sage euch eins: der heutige Tag in Wien ist der Gamechanger!“ Die Menge jubelt und skandiert kurz darauf: „Widerstand! Widerstand!"

Die Stimmung ist nun aufgeheizter. Die Polizei wurde angegriffen, einige Gegenstände geworfen. Kurz darauf ist die Wega vor Ort. Die Menge, die sich immer noch vergrößert, macht sich bereit zum Marsch um den Ring. Im Zug sind auch bekannte extreme Rechte, Neonazis zu entdecken. Man marschiert gegen die Fahrtrichtung.

Skurrile Szenen am Stubentor - zwischen PCR-Tests und Demo

15 Uhr: Die Situation am Stubentor ist etwas skurril: Während sich auf der einen Seite hinter dem Lueger-Denkmal Menschen beim Testcontainer anstellen, ziehen auf der anderen Seite die Demonstranten vorbei. Viele Österreich Flaggen sind in der Menge zu sehen, aus Lautsprechern wird die Nationalhyme angespielt. Das Tröten und Pfeifen der Demonstranten hört man schon in der unterirdischen U-Bahn-Station Stubentor. Maske trägt kaum jemand. Ein kleines Kind schlägt eine Trommel, die der Vater mitgebracht hat. Schilder wie "Schluss mit der Angstmache" und "Volksaufstand - Jetzt" sind zu lesen. "Freiheit, Widerstand" ruft die Menge immer wieder. Über dem Demozug fliegt ein Hubschrauber hinweg, um von oben die Situation im Griff zu behalten. In den vergangenen Stunden wurde in den einschlägigen Telegram-Gruppen diesen Fluggeräten eine völlig andere Bedeutung zugeschrieben. Die Quelle stammt angeblich aus der Sektion VI des Innnenministeriums, welche es gar nicht gibt.

Am Vormittag war noch nicht ganz so viel los am Heldenplatz. Aber das wird sich bald ändern.
Am Vormittag war noch nicht ganz so viel los am Heldenplatz. Aber das wird sich bald ändern. Die Presse/Teresa Wirth

Die Polizei berichtet von teils aufgeheizter Stimmung. Aggressive Teilnehmer zündeten am Ring pyrotechnische Gegenstände und bewarfen Beamte mit Bierdosen und Plastikflaschen. Festnahmen erfolgten laut einem Polizeisprecher sowohl wegen Verwaltungsdelikten als auch strafrechtlich wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt.

(c) Die Presse/Eva Walisch

Außerdem gab es mittlerweile mehr als zehn Anzeigen wegen Verstößen gegen die Covid-Maßnahmen-Verordnung sowie nach dem Verbotsgesetz. Der freie Journalist Michael Bonvalot berichtete auf Twitter von Angriffen mit Pfefferspray und Wurfgeschoßen durch extreme Recht, er war schon im Vorfeld in sozialen Medien mit körperlicher Gewalt bedroht worden.

16 Uhr: Offenbar reicht der Demonstrationszug nun um den gesamten Ring. Ein Passant schreit: „Die Politik hat es versaut“. „Pyrotechnik, Wurfgeschosse. Wer kritische Fragen stellt, wird sofort umringt und bedroht“, schreibt SZ-Korrespondentin Cathrin Kahlweit auf Twitter. Auch sie berichtet von bizarren Szenen, während Menschen auf der Kärntner Straße ihre Weihnachtseinkäufe vor dem nächsten Lockdown erledigen, demonstrieren Tausende gegen diesen.

Zwischenfall beim Volkstheater: Zwei Mädchen wurden von Demo-Teilnehmern umzingelt, die den Hitlergruß zeigten und sie bespuckten. Ein Mitarbeiter des Volkstheaters beobachtete die Szene und sie wurden ins Theater geführt. Die Polizei wurde informiert, die Mädchen warteten unter Polizeischutz bis sie das Foyer wieder verlassen konnten. 

17:00 Uhr: Ein Teil des Demozugs hat sich losgelöst und ist samt Pyrotechnik in Richtung Mariahilferstraße unterwegs. Immer wieder sind laute Knaller zu hören. Die Polizei ist mittlerweile vor Ort. „Im Bereich des Äußeren Burgtors wurden unsere Kolleg*innen mit Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen. Unsere Kolleg*innen setzten Pfefferspray ein“, schreibt die Polizei auf Twitter. Mittlerweile versuchen Demoteilnehmer zusätzlich zu deeskalieren.

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