SuperMarkt: Der gefährlichste Mann der Welt

(c) REUTERS (JASON REED)
  • Drucken

Bernanke schickt die Weltwirtschaft in ihren nächsten Alptraum: Die US-Notenbank flutet die Märkte wieder einmal mit billigen Dollars. Der Rest der Welt fürchtet das Entstehen riesiger Spekulationsblasen. Zu Recht.

Ben Bernanke ist ein überaus intelligenter Mann. Schon in der Schulzeit glänzt der kleine Ben bei Leistungstests als Bester seines Bundesstaates (South Carolina). Im Alter von 22 Jahren beendet er sein Studium in Harvard, vier Jahre später setzt sich Bernanke am renommierten Massachusetts Institute of Technology den Doktorhut auf. Mit 32 ist er Professor in Princeton. Bei so einer Blitzkarriere wird wohl nicht nur seine Oma vor Stolz geplatzt sein.
Heute zählt Ben Bernanke zu den gefährlichsten Männern dieses Planeten. Als oberster Zentralbanker der USA ist er nämlich gerade dabei, die Weltwirtschaft in ihren nächsten Alptraum zu schicken. Vergangene Woche hat der Chef des Federal Reserve nämlich ein weiteres „Rettungspaket" für die Wirtschaft avisiert. Die Geldfabrik der USA wird noch einmal ein paar Hundert Milliarden Dollar in den Geldkreislauf pumpen, indem sie Staatsanleihen aufkauft. Woher die „Fed" das Geld nimmt, ist schnell gesagt: Sie druckt es.
Erklärt wird dieser Schritt damit, dass die US-Wirtschaft mit weiteren „Aktionen" unterstützt werden müsse. Mit der neuerlichen Geldschwemme soll vor allem die hohe Arbeitslosigkeit weggespült werden, die sich ungeachtet der sündteuren Konjunkturprogramme nicht und nicht von der Stelle rühren will und bei zehn Prozent verharrt. Damit sind heute knapp doppelt so viele US-Bürger arbeitslos wie vor der Krise.

Mister President dankt. So etwas macht sich vor anstehenden Wahlen nicht gut. Weshalb Präsident Obama nach Bekanntgabe der neuesten „Fed"-Initiative nicht gerade getobt haben dürfte: Die Demokraten wollen die Kongresswahlen am kommenden Dienstag um jeden Preis gewinnen. Bezahlen wird dafür der Rest der Welt. So wird die US-Politik des billigen Geldes in vielen Ländern zu einer Kapitalschwemme führen. Investoren werden die frischen Dollars nämlich in jenen Gegenden der Welt anlegen, die mit höheren Zinsen winken. Zum Beispiel in den wirtschaftlich starken Schwellenländern. Mit der unerfreulichen Nebenwirkung, dass deren nationale Währungen durch die starke Nachfrage aus dem Dollar-Raum an Wert gewinnen werden, was wiederum der Exportwirtschaft nicht guttut.
Mit den billigen Dollars werden aber nicht nur gut verzinste Währungen gekauft. Sondern auch Gold, Silber, Kupfer, Erdöl oder Immobilien. Die seit Ausbruch der Krise zu beobachtenden Höhenflüge an den Aktien- und Rohstoffmärkten sind vor allem den geöffneten Geldhähnen der großen Notenbanken zu danken. Das nunmehrige Anwerfen der US-Notenpresse wird die bereits entstandenen Spekulationsblasen noch einmal kräftig aufpumpen.
Immer wieder flutet die „Fed" die Märkte mit billigem Geld, obwohl die Folgen ausnahmslos verheerend waren. Auch die letzte Finanzkrise ist zuvorderst nicht den Bankern zu schulden, die ihren Hals nicht voll kriegen konnten. Sondern der Geldpolitik. Nach 09/11 kappte Bernankes Vorgänger Alan Greenspan die Zinsen, um Firmen wie Konsumenten mit günstigen Krediten zu versorgen und so den konjunkturellen Absturz zu verhindern. Die im Dollar investierten Anleger hatten allerdings keine große Lust, ihrem Geld dabei zuzusehen, wie es in mager verzinsten US-Anleihen an Wert verlor: Höhere Renditen mussten her.

Katastrophale Strategie. Zum „Glück" boomte zu dieser Zeit gerade der Immobilienmarkt. Unter Präsident Bill Clinton war nämlich ein Gesetz verabschiedet worden, das es auch US-Bürgern ohne jegliche Ersparnisse möglich machte, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Die Nachfrage nach Häusern schoss in den Himmel. Mit dem für die Geldgeber angenehmen Effekt, dass Kreditnehmern mit schlechterer Bonität (= ärmere Schichten) höhere Zinsen abverlangt werden konnten. Weshalb das billige Geld mit der Aussicht auf höhere Renditen groß ins Hypothekarkreditgeschäft floss.
Der Rest der Geschichte ist bekannt. Die ständig steigende Nachfrage nach Immobilien trieb die Preise in aberwitzige Höhen, bis die Spekulationsblase platzte. Die USA haben ihre Lektion gelernt. Die Fed bereitet zwar gerade die nächste Blase vor, platzen wird diese aber nicht mehr im eigenen Land. Am Ende wird auch nicht die der Politik hörige US-Zentralbank am Pranger stehen. Sondern einmal mehr die „ungezügelte" Marktwirtschaft und ihre gierigen Akteure. Wie schon gesagt: Ben Bernanke ist ein überaus intelligenter Mann.


franz.schellhorn diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2010)

Mehr erfahren

G-20 über schärfere Bankenregeln einig
International

G-20 über schärfere Bankenregeln einig

Die führenden Wirtschaftsnationen werden bei ihrem Gipfel in Seoul strengere Eigenkapitalregeln für Banken beschließen. Auch über eine Reform des Internationalen Währungsfonds ist man sich einig.
G20Treffen China will DollarDominanz
International

G20-Treffen: China will Dollar-Dominanz beenden

Beim G20-Gipfel wird eine neue Weltwährungsarchitektur vorbereitet. Außer den Chinesen haben auch die Europäer, Indien oder die OPEC-Länder ein Interesse an einer Reform des Währungssystems.
SOUTH KOREA G20 SUMMIT
International

G-20-Gipfel: USA in Seoul isoliert

Massive Kritik an den USA gibt es wegen der lockeren Geldpolitik. Aber auch die Idee einer "Exportbremse" für Länder mit starkem Export sorgt für Ärger.
G-20-Gipfel: Streit über "Exportbremsen"
International

G-20-Gipfel: Streit über "Exportbremsen"

Die Frage, ob internationale Handelsströme politisch gesteuert werden sollen, steht im Mittelpunkt des Treffens der führenden Industrienationen in Seoul.
World Bank President Zoellick speaks at summit in Singapore
International

Weltbank-Chef: "Goldpreis ist ein Riesenproblem"

Die Verwendung von Gold als alternative Anlagemöglichkeit sei ein Warnsignal, sagt Robert Zoellick. Es bedürfe einer Lösung durch die Politik. Eine Rückkehr zu einem starren Wechselkurs-System will er nicht.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.