Konferenz

Der Belarus-Dialog im Wiener Lockdown

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja mit Bundeskanzler Schallenberg und Außenminister Linhart in Wien.
Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja mit Bundeskanzler Schallenberg und Außenminister Linhart in Wien.REUTERS
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Vertreter des Lukaschenko-Regimes und der Opposition hätten an einem Tisch sitzen sollen. Doch der Autokrat sträubte sich, und das Treffen der Gleichgesinnten fand virtuell statt.

Wien. Es war alles etwas anders geplant. Ursprünglich hätte die Belarus-Konferenz im Kursalon Hübner im Wiener Stadtpark stattfinden sollen. Doch dann kam der Corona-Lockdown dazwischen, und die Veranstaltung siedelte ins Internet um. Und eigentlich lag der ganzen Übung die Idee zugrunde, Vertreter des Lukaschenko-Regimes und der Opposition in Wien an einen Tisch zu bringen.
Alexander Schallenberg, damals noch Außenminister, entsandte deshalb einen Emissär nach Minsk. Und am Rand der UN-Vollversammlung sprach er darüber mit dem belarussischen Chefdiplomaten Wladimir Makei. Sein Werben stieß auf taube Ohren. Statt nach Wien zu kommen, bezeichnete Makei die Konferenz bei einem Auftritt mit seinem russischen Amtskollegen, Sergej Lawrow, als „sinnlosen“, „feindseligen“ Akt und machte obendrein sein New Yorker Geheimtreffen mit Schallenberg publik.
Und so blieben die belarussischen Regimegegner und die westlichen Spitzendiplomaten am Montag unter sich bei ihren Debatten. Letztlich waren nicht einmal Vertreter regimenaher Minsker Denkfabriken dabei.

Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja ließ es sich nicht nehmen, trotz Lockdowns nach Wien zu kommen. Sie klinkte sich in der Früh aus einem Zimmer im Bundeskanzleramt in die Eröffnung der virtuellen Zusammenkunft ein. Zu Mittag stand sie dann bei einer Pressekonferenz im Kongresssaal neben Bundeskanzler Schallenberg, Außenminister Michael Linhart und EU-Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi. um auf die Repression in ihrer Heimat aufmerksam zu machen: auf 14.000 Verhaftungen, fast 1000 politische Gefangene, Hunderttausende ins Exil Vertriebene.
Tichanowskaja warnte eindringlich davor, dem Machthaber in Minsk auf den Leim zu gehen und direkt mit ihm zu verhandeln. Alexander Lukaschenko verstehe nur Druck. Das jüngste Telefonat Angela Merkels mit Lukaschenko habe einen „seltsamen“ Eindruck bei der belarussischen Zivilgesellschaft hinterlassen, erklärte Tichanowskaja und zeigte zugleich Verständnis: Der deutschen Kanzlerin sei es um eine humanitäre Lösung für die Migranten an der Grenze zu Polen gegangen, nicht um eine Anerkennung Lukaschenkos.

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