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Von klimaneutralen Kraftstoffen weit entfernt

CO2-neutraler Kraftstoff kann in kleinen Mengen bereits hergestellt werden.
CO2-neutraler Kraftstoff kann in kleinen Mengen bereits hergestellt werden.Reuters
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Was können wir fürs Klima tun? Weniger fliegen? Noch wichtiger: Dekarbonisierung in der Luftfahrt.

Klimaschutz, ja eh, geht jeden an. Heißt es. Ist natürlich reizvoll, zu denken, dass wir „alle was fürs Klima tun können“. Wir kaufen regionales Gänsefleisch und Biogranatäpfel. Uns schüttelt es beim Anblick von Plastiksackerln oder irren Billigairline-Preisen. Das private Konsumverhalten mag dem Klimaschutz kleine Verbesserungen bescheren, entlässt jedoch gleichzeitig die Gesetzgeber ein Stück aus der Verantwortung. Dabei wäre es von entscheidender Bedeutung, dass sich Unternehmen vom Einfluss der fossilen Blockade-Lobbyisten befreien und von sich aus umweltverträgliche Lösungen anstreben  – im Luftverkehr etwa, denn dieser verantwortet zwei Prozent der globalen CO2-Emissionen.

Alternative Kraftstoffe, „Sustainable Air Fuel“ (SAF), machen zur Zeit 0,1 Prozent der Kraftstoffmenge in der Luftfahrt aus. Wie üblich ein Beginn mit winzigen Schritten. Bis zum Jahr 2025 plant die EU allerdings eine verpflichtende Beimischung von zwei Prozent SAF zum Treibstoff, sich erhöhend auf fünf Prozent 2030 und über 50 Prozent 2050 – so die fast schon utopische Zukunft.
Boeing setzt auf Biokraftstoffe, Airbus testet mit nachhaltigem Kerosin (Power-to-Liquid-Technologie): Eine A319neo umkreiste drei Stunden lang die Toulouser Firmenzentrale – mit ausschließlich SAF im Tank. In neun Jahren soll nur noch mit E-Fuel, hergestellt aus gebrauchtem Speiseöl (hoffentlich nicht von Schnitzelbuden und Chinapfanne-Kiosken, sonst kriegen wir ein Geruchsproblem), geflogen werden. Bis 2030 sollen kommerzielle Flüge ausschließlich so betrieben werden.


Deutschland stellte jüngst eine Anlage zur Herstellung CO2-neutralen Kerosins vor, in Werlte (Emsland) – synthetisch erzeugt aus Wasserstoff und erneuerbarem Strom von Windrädern, sämtliche Ausgangsstoffe klimaneutral erwirtschaftet. Ab 2022 wird dort täglich eine Tonne Kerosin gewonnen. Eine große Maschine benötigt fünf Tonnen pro Flugstunde. Wir stehen am Beginn. Für die Energiewende müssen Politik, Wirtschaft und Industriepartner kooperieren – unsere privaten Konsumentscheidungen sind nur ein kleiner Faktor. Weniger fliegen hilft aber. Ein bisschen.

("Die Presse Schaufenster" vom 19.11.2021)

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