Geldpolitik

Lira bricht ein - Türken sollen beim Essen sparen

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan forderte einen "wettbewerbsfähigen" Lira. Prompt ist der Wechselkurs abgestürzt. Jetzt ist der Jammer groß. Politiker empfehlen, den Gürtel enger zu schnallen.

Die türkische Lira ist am Dienstag nach Aussagen von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan eingebrochen. Sie sank zum Dollar und zum Euro auf Rekordtiefstände. Gegenüber dem Dollar betrugen die Tagesverluste zeitweise zehn Prozent. Der Dollar stieg im Gegenzug erstmals über 12 Lira. Der Eurokurs legte auf 14,06 Lira zu. Politiker von Erdogans Regierungspartei AKP sorgen unterdessen mit Spartipps für Diskussionen.

Der erneute Absturz der Währung folgt auf Forderungen Erdogans nach einer "wettbewerbsfähigen" Lira. Ein noch schwächerer Wechselkurs solle Investitionen und Arbeitsplätze fördern. Die Inflation dürfte damit weiter angeheizt werden, da eingeführte Waren teurer werden.

Allein in diesem Monat hat die Lira gegenüber Dollar und Euro rund ein Viertel ihres Werts verloren. Die Inflation im Land lag zuletzt bei knapp 20 Prozent, worüber viele Menschen klagen. AKP-Politiker Zülfü Demirbag riet Bürgern, statt zwei Kilo Fleisch monatlich nur ein halbes zu essen. Anstatt zwei Kilo Tomaten reichten vielleicht auch zwei Stück. Gemüse außerhalb der Saison zu essen, sei ohnehin nicht besonders gesund. Anfang des Monats riet Energieminister Fatih Dönmez, die Heizungen runterzudrehen, um Geld zu sparen.

Die Notenbank hatte zuletzt nach Erdogans Druck die Leitzinsen gesenkt und so die Lira auf Tiefstände geschickt. Erdogan vertritt entgegen der geltenden Lehre die Meinung, dass hohe Zinsen die Inflation befördern.

Der Druck auf die Notenbank dürfte anhalten. So forderte Devlet Bahceli, Chef der ultranationalistischen Partei MHP, eine Diskussion über das Ende der Unabhängigkeit der Notenbank. Die MHP ist Teil der Regierung Erdogans. "Unabhängige Institutionen können nicht über dem Willen des Volkes stehen", sagte Bahceli. "Die Türkei soll frei von der Zinsbelastung sein." Zudem forderte er, dass sich die Türkei dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der "Zinslobby" entgegenstelle. Die Aussagen dürften das Vertrauen in die Lira und die türkische Wirtschaft weiter schwächen.

Ein Bürgermeister in der Türkei macht mit Extrapreisen für Ausländer von sich Reden. Menschen ohne türkischen Pass müssen im nordtürkischen Bolu nun den zehnfachen Preis für Wasser und deutlich mehr als türkische Staatsbürger für zivile Trauungen zahlen, berichtete der staatliche Sender TRT am Dienstag. Justizminister Abdulhamit Gül reagierte via Twitter und warf dem Bürgermeister der Stadt, Tanju Özcan, Rassismus vor.

(APA/dpa)

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