GAP

EU-Parlament stimmt für Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik

EU-Kommissar Janusz Wojciechowski brachte die Pläne durchs Parlament.
EU-Kommissar Janusz Wojciechowski brachte die Pläne durchs Parlament.APA/AFP/POOL/CHRISTIAN HARTMANN
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Der Europäische Rat muss noch grünes Licht geben. Die ÖVP stimmte dafür. SPÖ, Grüne und Neos kritisieren zu viele Abstriche beim Thema Umweltschutz.

387 Milliarden Euro sind im EU-Budget im Zeitraum 2021 bis 2017 zur Unterstützung der Landwirtschaft vorgesehen, wie die Gelder verteilt werden, wird durch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) festgelegt. Am Dienstag wurde im EU-Parlament in Straßburg darüber abgestimmt. Eine Mehrheit der Abgeordneten votierte für die Änderungen, mit denen die Landwirtschaft in Europa umweltverträglicher und gerechter werden soll. Dafür ist künftig eine stärkere Verknüpfung von Fördermitteln an die Erfüllung von Umweltauflagen vorgesehen.

Die Zustimmung sei "mehr als nur ein Schritt in die richtige Richtung für eine leistungsorientierte, transparente und effektivere Agrarpolitik in Europa", sagte Ulrike Müller von den Freien Wählern, die an den GAP-Verhandlungen beteiligt war. EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski erklärte: "Dies war ein schwieriger Kompromiss, aber ich denke, es ist der beste Kompromiss, der erreicht werden konnte." Er sprach von einem "guten Ergebnis", das "den Übergang zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft" gewährleisten könne.

Zurückhaltung aus Österreich

Die österreichischen EU-Parlamentarier der SPÖ, Grünen und Neos hatten ein "Nein" angekündigt. Ein klares "Ja" kam hingegen von der ÖVP. Bereits als es im Juni nach mehrjährigen Verhandlungen zu einer Einigung kam, lagen diese diametralen Haltungen vor - und an denen hat sich nichts geändert: So sagte etwa Simone Schmiedtbauer, Agrarsprecherin der ÖVP im Europaparlament, bei einem Mediengespräch, sie werde sich die GAP "unter keinen Umständen schlechtreden lassen!", "wir haben es wieder einmal geschafft, einen Kompromiss zu finden, das ist etwas Schönes", sagte sie zu der Einigung von EU-Staaten, -Parlament und -Kommission im Sommer.

Nichts davon konnte SPÖ-EU-Abgeordnete Günther Sidl hingegen in der neuen GAP orten, noch nicht einmal die eigentlich angestrebte Reform, sondern ein "Copy-Paste der alten GAP mit ein paar grünen Pünktchen, die man noch dazu auch wieder aufweicht", daher habe man sich innerhalb der österreichischen SP-Fraktion dazu entschlossen, gegen sie zu stimmen. Weder die "Farm to Fork"-Strategie, noch die Biodiversität sei berücksichtigt.

„Sammlung vergebener Chancen"

"Die nun vorliegende Agrarpolitik ist eigentlich eine Sammlung vergebener Chancen", meinte Sidl. "Der Parlamentsentwurf der meiner Ansicht nach durchaus ambitionierter hätte sein können, ist von den Mitgliedsstaaten konsequent aufgeweicht und verwässert worden". Man hätte mit dieser GAP vieles in eine positive Richtung lenken können, "wir müssen bei der Landwirtschaftspolitik sehr konsequent beim Klimaschutz sein, aber wenn man Ausnahmen macht, wie es passiert ist, kommt als nächstes der Industrie mit der Frage 'warum bei der Landwirtschaft nicht und bei uns schon?'", fürchtete der Parlamentarier.

Laut Sidl gab es einen einzigen Fortschritt, nämlich dass bei illegaler Beschäftigung von Erntehelfern oder Landarbeitern, dieser "Wettbewerbsvorteil" das Ende der Förderung mit sich bringe. Diese soziale Konditionalität sei ein Erfolg der Sozialdemokratie - ein Sonnenstrahl, dem sonst nur Schatten gegenüber stehen.

Die Agrar-Gelder sind der größte Posten im EU-Budget und die Landwirtschaft ist für rund zehn Prozent der EU-Treibhausgasemissionen verantwortlich, so schätzte der Europäische Rechnungshof zuletzt. Dagegen stimmen werden auch die Grünen, "wohl wissend, dass eine breite Mehrheit dafür gibt", sagte deren EU-Abgeordnete Thomas Waitz.

Die GAP wäre die Chance gewesen, dass die Landwirtschaft zum Teil einer Lösung in der Klimakrise hätte werden können - ist sie aber so nicht. Vom „Green Deal" und obig genannten Strategien ist in der GAP nichts zu finden, sondern, und sie alle hätten einen Nachteil: "Es sind nur Strategien und keine legistischen Vorschläge", so Waitz. "Wenn es aber um die Umsetzung gehen sollte, folgen wir unseren eigenen Strategien nicht". In der Agrarpolitik gebe zwar die Möglichkeit, biologischer zu handeln, nur würde es kein Staat tun, wie man an den bereits vorliegenden nationale Strategieplänen sehen könne - auch dem von Österreich.

Er sei sehr gespannt, ob EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski seine Ankündigung wahr machen werde, jenen Staaten ihre Pläne zurückzuschicken, die etwa nicht wie vorgesehen zehn Prozent der Mittel von großen zu kleinen Betrieben umverteilen - in Österreich seien gerade einmal 7,5 Prozent geworden. Dass aber in Österreich ein konventioneller Betrieb unter gewissen Bedingungen auf eine höhere Förderung komme als ein Biobetrieb widerspreche dem, was die EU-Kommission und das Parlament vorgesehen hätten.

Auch Neos kritisieren mangelnden Umweltschutz

Ebenfalls Ablehnung kommt von Neos-Mandatarin Claudia Gamon: "Dieses Herzstück der EU-Landwirtschaftspolitik ist nicht die Reform, die wir NEOS in der europäischen Landwirtschaftspolitik fordern und die es braucht, um die Klimaziele zu erreichen". Der Kompromiss könne ein Schritt in die richtige Richtung sein, aber nicht genug, um die Landwirtschaft in Europa fit für das 21. Jahrhundert zu machen. "Wir sehen jetzt bereits, dass in den Implementierungs-Plänen, die die Mitgliedsstaaten vorlegen, der Klima- und Umweltschutz viel zu kurz kommt", so Gamon die darauf hinwies, dass auch in Österreich die Umwelt-NGOs auf die Barrikaden stiegen.

Eine davon, nämlich Global 2000, reagierte auf die heutige Endabstimmung der GAP-Reform. Mit dieser seien ursprünglich "Grüne Architektur" und eine ökologische Trendwende angepriesen worden, wenig sei aber übrig geblieben. "Umweltambitionen für den European Green Deal werden so von den Mitgliedstaaten unterlaufen. Mit dieser GAP-Reform ist der dringend notwendige Wandel für das Klima, Biodiversität und eine bäuerliche Landwirtschaft in Europa vertan." sagte Brigitte Reisenberger, Landwirtschaftssprecherin der NGO unter Hinweis auf viele Ausnahmeregelungen.

Da die neue GAP nicht rechtzeitig fertig verhandelt wurde, gilt ab 2020 eine zweijährige Übergangsbestimmung. Ab 2028 soll dann eine neue siebenjährige GAP Förderperiode gelten - sofern die Verhandlungen diesmal rechtzeitig dazu abgeschlossen werden.

(APA/AFP)

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