Das Gesundheitsministerium gilt in Pandemiezeiten als heiße Kartoffel. Medienliebling Karl Lauterbach wäre prädestiniert für den heiklen Job, ist aber in seiner eigenen Partei unbeliebt.
Frühmorgens war Karl Lauterbach schon mit einem Radiointerview im Deutschlandfunk auf Sendung. Der SPD-Gesundheitsexperte, ein Epidemiologe und Gesundheitsökonom mit doppeltem Doktortitel, ist seit Ausbruch der Coronapandemie fast rund um die Uhr und auf allen Kanälen präsent: ein Medienliebling und Talkshow-Stammgast, der in der eigenen Partei und bei Olaf Scholz indes nicht sonderlich beliebt ist.
Der 58-jährige Rheinländer plauderte munter die nächtliche Einigung für eine Ampelkoalition aus, über seine politische Zukunft schwieg er sich aber vielsagend aus. Daraus, dass das Amt des Gesundheitsministers sein lang gehegter Wunschtraum ist, hat Lauterbach nie ein Hehl gemacht. Aber immer schnappte ihm einer den Posten weg.
Jens Spahn kam als Minister ins Schleudern
Ursprünglich begehrt, büßte das Ressort von Coronawelle zu Coronawelle an Popularität ein. Jens Spahn, der jüngst erneut in die Kritik geratene CDU-Gesundheitsminister, kann dies bezeugen. Mehrfach kam er in den vergangenen 20 Monaten ins Schleudern. Als kommender Mann der CDU gehandelt, verzichtete er jüngst sogar auf die Kandidatur für den Parteivorsitz.
Am Ende der Verhandlungen wanderte das Gesundheitsministerium wie eine heiße Kartoffel zur SPD. Paradox ist, dass die Sozialdemokraten am Ende Petra Köpping, einer Ministerin aus Sachsen, oder Sabine Dittmar der gesundheitspolitischen Sprecherin, den Vorzug geben und Lauterbach mit der Funktion des Staatssekretärs abspeisen könnten - wenn er das denn überhaupt will. Scholz hielt sich zu der Personalie in der Pressekonferenz demonstrativ bedeckt. Lauterbach hofft derweil auf einen Erfolg der Twitter-Kampagne #wirwollenkarl.
Offiziell wollen SPD und FDP ihre Ministerkandidaten erst vor ihren Parteitagen in zehn Tagen vorstellen, während die Grünen bereits am Donnerstag mit der Ministerliste an die Öffentlichkeit gehen. Ministrabel sind die Fraktionsführer Katrin Göring-Eckardt (Familie) und Anton Hofreiter (Umwelt).
Offene Posten bei der SPD
Bei der SPD gilt Hubertus Heil in seinem Job als Arbeitsminister als fix. Für das Innenministerium dürfte Christine Lambrecht, bisher Justizministerin, für das Wohnbauministerium Svenja Schulze und für die Entwicklungszusammenarbeit Klara Geywitz gesetzt sein. Für das heikle Verteidigungsministerium könnte die SPD – nach den CDU-Politikerinnen Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer – neuerlich eine Frau aufbieten: entweder die Abgeordnete und Gewerkschafterin Yasmin Fahimi oder Siemtje Möller.
Anders als SPD und Grüne braucht die FDP weniger Rücksicht auf Geschlechterparität und Flügel zu nehmen. Das Establishment kommt zum Zug: Generalsekretär Volker Wissing avanciert zum Verkehrsminister, die Parlaments-Geschäftsführer Marco Buschmann und Bettina Stark-Watzinger rücken zum Justizminister und zur Bildungsministerin auf.