Israel: Ein Land, das keine Rohstoffe verkaufen kann

Israal Land keine Rohstoffe
Israal Land keine Rohstoffe(c) EPA (Pavel Wolberg)
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Der einst bitterarme Agrarstaat hat in kurzer Zeit die Wandlung zum Hightech-Industrieland samt Gründerboom vollzogen. Seit diesem Sommer ist Israel ein Mitglied der OECD. Die Krise machte sich kaum bemerkbar.

Israel hat etwa ein Viertel der Größe Österreichs, aber mit 7,5 Millionen vergleichbar viele Einwohner. Damit ist es mit den Gemeinsamkeiten schon wieder vorbei: Den 1947 gegründeten Staat umgeben im Norden, Süden und Osten Feinde und im Westen das Mittelmeer. Unter der heiß brennenden Sonne liegt ein Land, das großteils völlig trocken ist und über keinerlei Ressourcen verfügt. Und doch haben alle Besucher Israels ein Aha-Erlebnis beim Anblick der grünen Felder und Gärten. Die intensive Landwirtschaft ist ein Ergebnis jahrzehntelanger Arbeit, die die Pioniere geleistet haben. Trotzdem war Israel noch bis in die 1980er-Jahre bitterarm.

Seither hat der einstige Agrarstaat eine Wandlung zum breit aufgestellten Hightech-Industrieland vollzogen – und ist seit diesem Sommer Mitglied im exklusiven Klub der OECD. Die Wandlung geht auf die 1990er-Jahre zurück, als Steuern gesenkt wurden und ein Finanzmarkt aufgebaut wurde. Im Verhältnis zur Größe strömt seither enorm viel Risikokapital nach Israel. Pro Einwohner und Jahr werden 250 Dollar in junge Unternehmen investiert, mehr als in jedem anderen Land der Welt. Dies bringt auch entsprechende Ergebnisse. So tummeln sich 3850 Start-up-Firmen auf einer Fläche, die knapp größer als Niederösterreich ist. Hinsichtlich der Start-up-Dichte ist das erneut der globale Spitzenplatz. Und auch der Staat trägt direkt sein Scherflein zur Erfolgsstory bei. Die staatlichen Ausgaben für Forschung und Bildung liegen bei fünf Prozent des BIPs – wiederum ein weltweiter Topwert.

2009 machte sich die Krise in Israel daher kaum bemerkbar. Während die meisten Industriestaaten Einbrüche verzeichneten, erreichte Israel ein Wachstum von 0,7 Prozent. Für heuer erwartet der IWF ein Plus von 4,2Prozent. Die Arbeitslosigkeit sinkt, Investitionen aus dem Ausland sind weiter hoch, und der Tourismus verzeichnet neue Rekorde.

Seit Jahrzehnten befindet sich das Land in einem blutigen Konflikt mit den Palästinensern, doch beim Blick auf seinen Wirtschaftsboom sprechen Kommentatoren oft von einem Wunder. Israels Wirtschaftsminister Benjamin Ben Eliezer formuliert es etwas anders: „Unsere Stärke ist die Technologie.“

Erfinder des USB-Sticks

Einiges dieser Technologie hat Namen, die weltweit bekannt sind: Israelis entwickelten den USB-Stick, das Kommunikationsprogramm ICQ oder den Computerchip „Centrino“. An der New Yorker Technologiebörse Nasdaq notieren mehr israelische Unternehmen als aus Europa, Japan, China und Indien zusammen. Israels Nachbarn von Kuwait bis Ägypten haben von 1980 bis 2000 insgesamt 367 Patente angemeldet – aus Israel kamen im selben Zeitraum 7652.

Doch Israel profitiert auch von zwei Faktoren: der Stellung des Militärs, aus dessen Technologie einige Produkte für den Markt kommen, und der Zuwanderung. Seit dem Zusammenbruch des sog. Ostblocks kamen eine Million – vor allem russische – Juden ins Land, die meisten davon bestens ausgebildet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2010)

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