Japan: Alter Ruhm und neue Zurückhaltung

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Kleine und mittlere Firmen sind das Rückgrat der japanischen Wirtschaft. Ihr Anteil ist groß. Sie beschäftigen 70 Prozent der Arbeitnehmer. In jüngster Zeit kämpfen die Betriebe jedoch mit vielen Problemen.

Was haben Toyota, Honda oder Suzuki gemeinsam? Die großen japanischen Konzerne haben alle klein angefangen. Toyota-Gründer Kiichiro Toyoda baute wie sein Kollege Michio Suzuki Webstühle, bevor er 1937 die Toyota Motor Corporation formierte. Soichiro Honda half in der Fahrradwerkstatt des Vaters, arbeitete als Mechaniker und eröffnete als 22-Jähriger 1928 seine eigene Werkstatt. Legendär ist auch die Geschichte von Konosuke Matsushita, der 1918 im Alter von 23 Jahren mit einer neuen Lampenfassung den heutigen Elektronikkonzern Panasonic begründet hat.

Japan verdankt seinen Aufstieg in die industrielle Weltelite einer Generation visionärer Fabrikanten, deren Mut und Geist vielen jungen Nachfolgern als Beispiel dient. Doch obwohl die renommierten Großkonzerne im Ausland das Image der japanischen Volkswirtschaft prägen, sind es die kleinen und mittleren Firmen, die das Land am Leben halten. „Sie sind der Motor unserer Entwicklung“, betonte Handelsminister Akihiro Ohata zuletzt, „das Rückgrat der Wirtschaft.“ Ihr Anteil ist groß – 99,7 Prozent aller japanischen Unternehmen sind heute unter der Rubrik „klein und mittelständisch“ registriert. Sie beschäftigen 70 Prozent der 60 Millionen Arbeitnehmer.

Auch heute gibt es noch Erfolgsgeschichten à la Honda & Co. So kennt wohl jeder Japaner den IT-Pionier Masayoshi Son, der 24-jährig das riesige Mobiltelefonunternehmen SoftBank aus der Taufe gehoben hat. Oder Hiroshi Mikitani, der seine Firma Rakuten zum größten Internethändler Japans aufgebaut und im Oktober ein neues Shopping-Portal in China eröffnet hat.

Aber trotz vieler Vorzeigebeispiele verlieren Japans Unternehmer jüngst offenbar Schwung und Mut. Nur zwei Firmen schafften es jüngst auf die „Forbes“-Liste der 200 besten asiatischen Mittelständler „Best under a billion“: der Fahrradhersteller Asahi und der Solarzellenanbieter NPC. Im Jahr zuvor waren es noch 24. Hier verdrängen immer mehr Betriebe aus China, Hongkong, und Indien die japanische Konkurrenz.

Weniger Gründungen als Schließungen

Das Platzen der „Seifenblase“ an der Börse und auf dem Immobilienmarkt Ende der 1980er-Jahre, die darauf folgende Rezession und Stagnation, die globale Finanzkrise und die daraus resultierende restriktivere Mittelvergabe der Kreditinstitute hat Nippons kleine Unternehmer inzwischen schwer getroffen. In den vergangenen Jahren gaben mehr Betriebe auf, als neue gegründet wurden. Es sieht so aus, als würden in Fernost aus Unternehmern immer mehr „Unterlasser“.

Wenn es zu Neugründungen kommt, dominiert eindeutig der Servicesektor gegenüber dem verarbeitenden Gewerbe. Besonders im medizinischen Bereich werden viele neue Firmen gegründet, die auf die Kundschaft der immer älter werdenden Bevölkerung zielen. Zu den am schnellsten wachsenden Branchen gehören Pflege und Betreuung der Alten sowie – als logische Konsequenz – auch Beerdigungsinstitute.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2010)

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