Coronakrise

Kurzzeitwohnen: "Das Geschäft ist nicht zum Erliegen gekommen"

Das Geschäft mit Serviced Apartments läuft etwas weniger, aber doch während der diversen Lockdowns.
Das Geschäft mit Serviced Apartments läuft etwas weniger, aber doch während der diversen Lockdowns. Unsplash
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Der Fokus auf berufliche Aufenthalte sorgt dafür, dass Anbieter von Serviced Apartments – anders als die Stadthotellerie – bisher relativ gut durch die Krise gekommen sind.

Projekte, ein neuer Job oder Montagearbeiten in einer anderen Stadt – berufliche Tätigkeiten haben auch während der diversen Lockdowns oftmals einen mehrwöchigen oder gar längeren Aufenthalt dort erforderlich gemacht. Sehr zur Freude der Anbieter von Kurzzeitwohnen. „Die verhängten Reisebeschränkungen waren zwar spürbar, aber das Geschäft ist nicht zum Erliegen gekommen“, erzählt Simon Siller, Geschäftsführer der Vermittlungsplattform Kurzzeitmiete. Zwar sei der eine oder andere Aufenthalt nach hinten verschoben worden, zu Stornierungen sei es jedoch kaum gekommen. Das gelte auch für den aktuellen Lockdown. „Ein Grund dafür ist, dass wir bindende Mietverträge abschließen“, erzählt Siller. Ein anderer sei die Tatsache, dass große Unternehmen, auf die sich die Plattform fokussiert hat, trotz des Ausbruchs der Pandemie weiterhin tätig gewesen seien.

Businesskunden bevorzugt

Herbert Maier, Geschäftsführer der Plattform Kurzzeitwohnen, hat das Hauptaugenmerk ebenfalls auf Businesskunden gelegt. „Sie machen rund 85 Prozent aus, weitere zehn Prozent sind Kunden, die eine Übergangslösung suchen.“ Die restlichen fünf Prozent seien Studenten. „Das erste Halbjahr war ein wenig träge. Man hat gemerkt, dass Unternehmen bei der Entsendung von Mitarbeitern an andere Standorte beziehungsweise der Rekrutierung ausländischer Mitarbeiter verhalten waren“, berichtet der Chef von Kurzzeitwohnen. Ab dem Sommer sei die Entwicklung jedoch „sehr positiv“ gewesen. Der aktuelle Lockdown habe allerdings eine gewisse Bremswirkung gezeigt. „Die Firmen warten wieder eher ab“, so Maier. Stornierungen gebe es jedoch, anders als im März 2020, kaum. „Die Schockwirkung lässt nach.“

Burak Ünver, Geschäftsführer der Smartments Business Betriebsgesellschaft des Projektentwicklers GBI, die zwei Serviced-Apartment-Häuser in Wien betreibt, bemerkt derzeit ebenfalls zwar eine leichte Zurückhaltung bei Buchungen, aber nur wenige Stornos. „Die meisten davon kommen von Gästen, die nur wenige Tage bleiben wollten, um beispielsweise Adventmärkte zu besuchen“, erzählt Ünver. Während bei den anderen beiden Anbietern die Mindestmietdauer einen Monat beträgt, können Ünvers Serviced Apartments bereits ab einer Nacht gemietet werden. Der Fokus liege dennoch auf Langzeitaufenthalten, die Kurzzeitgäste seien das Tüpfelchen auf dem i. „Natürlich haben wir die Pandemie gespürt, aber durch unsere Positionierung nicht so stark wie die klassische Hotellerie“, erzählt er.

Touristen interessiert

Die Auslastung habe beispielsweise zwischen März und Juni 2020 durchschnittlich 45 bis 50 Prozent betragen, während er in der Hotellerie bei zehn Prozent lag. Nach dem Ende des dritten Lockdowns hat sie weiter zugenommen. „Wir waren fast schon wieder auf dem Vorkrisenniveau“, sagt Ünver, der während des Sommers eine verstärkte Nachfrage nach Serviced Apartments auch vonseiten touristischer Gäste bemerkt hat. „Sie schätzen, dass sie sich bei uns selbst versorgen können. Und dass bei uns, falls gewünscht, der ganze Prozess von der Buchung bis zum Check-out automatisiert erledigt werden kann“, so Ünver, der den Anteil der Kurzzeitaufenthalte mit etwa 20 Prozent beziffert.

Sorgen darüber, dass Prognosen zufolge die Zahl der Geschäftsreisen um 15 bis 20 Prozent unter das Niveau von vor der Pandemie fallen könnte, macht sich Ünver nicht. „Erstens zählt nicht der klassische Dienstreisende zu unseren Kunden, sondern Mitarbeiter, die für einige Wochen oder gar Monate in eine andere Stadt geschickt werden.“ Zweitens ist er davon überzeugt, dass Dienstreisen künftig zwar weniger oft angetreten, dafür aber länger dauern würden. Die Tatsache, dass Serviced Apartments während der Krise mit geringen Leerständen und höheren Belegungsraten relativ gut durch die Krise gekommen sind, ruft immer mehr Investoren auf den Plan. „Es gibt mehr Anfragen für neue Projekte“, erzählt Ünver, der aktuell in Österreich weitere Standorte, vor allem in Linz, Graz, Klagenfurt, Innsbruck und Salzburg, sucht. Der Trend dabei gehe dahin, Kurzzeitwohnungen in ein multifunktionales Gefüge, immer wieder auch in Quartiersentwicklungen, einzubinden. „Städte legen Wert auf eine Mischung aus klassischem Wohnen, Kurzzeitwohnen, Büros und Einzelhandel“, sagt der Geschäftsführer.

Möblierung gefragt

Neue Trends erkennen auch die beiden Plattformbetreiber. „Gefragt sind vor allem kleine Wohnungen zur Alleinnutzung“, sagt Maier. An Bedeutung gewonnen habe weiters das Vorhandensein eines Arbeitsplatzes, ergänzt Siller. Aber nicht nur das: „Das Interesse an vollständig möblierten Apartments hat in letzter Zeit deutlich zugenommen“, weiß Maier. Viele Vermieter, meist Privatpersonen, seien jedoch darauf eher schlecht eingestellt. Gleiches gelte, wenn es darum geht, die Wohnungen länger als die gesetzlich möglichen sechs Monate zu vermieten. „Da braucht es noch mehr Flexibilität“, sagt Maier.

AUF EINEN BLICK

Serviced Apartments haben sich bisher als krisenresistent erwiesen. Laut Marktbericht „Serviced Apartments 2021“ von Apartmentservice lag die Auslastung im Vorjahr durchschnittlich um mindestens 19 Prozentpunkte über jener der Hotellerie, im April 2020 waren es sogar 28 Prozentpunkte. Dabei blieben 92 Prozent der Serviced-Apartment-Betriebe geöffnet und generierten 2020 eine Auslastung von 54 Prozent (2019: 77 Prozent). Insgesamt erhöhte sich im Vorjahr die durchschnittliche Aufenthaltsdauer um eine Nacht auf 20 Nächte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2021)

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