Oper

Wagners Götter im abgewrackten Zirkus

Fafner auf dem Gabelstapler, Donner und Froh in Gokarts, Freia und Wotan im Hintergrund.
Fafner auf dem Gabelstapler, Donner und Froh in Gokarts, Freia und Wotan im Hintergrund. Matthias Baus
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Der „Ring“ als Stückwerk: In Stuttgart überlässt man jeden Teil einem anderen Regisseur. Beim „Rheingold“ zeigte Stephan Kimmig, dass er keine Lust hat, das Libretto ernst zu nehmen. Bei ihm ist schon den Rheintöchtern fad.

Diese Stadt ist eine einzige Baustelle: Seit vielen Jahren vermittelt Stuttgart dem via Bahn Angereisten diesen Eindruck. Das so teure wie umstrittene Riesenprojekt „Stuttgart 21“ ist so bald nicht vollendet. Im Gegensatz zur Burg Walhall – die ja ganz wörtlich ein Riesenprojekt ist – in Wagners „Rheingold“: „Prachtvoll prahlt der prangende Bau!“, singt Wotan stolz. In der Stuttgarter Oper singt er das ins Leere: keine Spur von Burg auf der Bühne. Nicht einmal Baustelle. Auf einer solchen, in Stuttgart natürlich, sieht man Wotan nur in einem der vielen beiläufig laufenden Videos.

Gut, auch in der aktuellen „Ring“-Inszenierung der Wiener Staatsoper prahlt keine Burg, aber Walhall wird wenigstens durch Steinblöcke angedeutet. Der Stuttgarter Theaterregisseur Stephan Kimmig, der u. a. am Wiener Burgtheater der Ära Bachler viel inszeniert hat und sich in letzter Zeit an Opern versucht, setzt dagegen von Beginn an auf Abbau, auf Demontage: Man sieht so etwas wie die traurigen Reste eines Vergnügungsparks. Zwischen ihnen lungern anfangs die Rheintöchter im Schulmädchen-Dress herum, gelangweilte Teenies einer popkulturellen Spätzeit: Aus purer Fadesse geilen sie den armen Alberich auf, der ihnen nicht entkommt, weil er an einen Strick gebunden ist wie ein Zirkuspferd. Sein Gezeter lässt sie genauso kühl, wie dass er ihr Gold in der Scheibtruhe abtransportiert.

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