Unterwegs

Nicht so einfach wie es scheint

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Russlands digitale Verwaltung frisst Daten und Nerven.

Einfacher, als es scheint“, prangt es in vielen russischen Amtsstuben. Sie sind mittlerweile hell und hip und freundlich. Überhaupt soll der Gang aufs Amt in Russland erspart und alles mit einem Klick zu erledigen sein. „Gosuslugi“, nennt sich die netzbasierte Wundertüte, „staatliche Dienstleistungen“. Hier beantragt man den Kindergartenplatz für seine Kleinen, hier bucht man Termine in der Poliklinik oder sucht nach einem Trainingsplatz im staatlichen Schwimmbad. Unkompliziert. Eigentlich. Wenn es denn bei Gosuslugi nicht schwerer wäre, als es scheint.

Die Datenkrake hat (fast) nur russische Staatsbürger im Blick. Das macht es zum Problem für Menschen wie mich, die Ausländer, die in Zeiten der Pandemie natürlich auch einen QR-Code nach einer Impfung gegen das Coronavirus brauchen. Ich tippe also gelassen allerlei Buchstaben und Zahlen ein. Das System schreibt: Fehler. Ich telefoniere mit der Impfklinik, ich gehe zum Rentenfonds, zur Bank, nochmals zum Rentenfonds, zigmal zum Gosuslugi-Büro, lasse dort Passdaten und Adresse überprüfen, lass mir erklären, wie man ausländische Passnummern in russische Passnummernfelder eintragen muss (ja, das ist offenbar eine Kunst). Das System indes meldet: „Sie sind inexistent.“ Oder: „überlastet“. Ich warte. Eine Woche, zwei Wochen, drei, vier. Sechs Monate. Das System blinkt rot: Fehler.

Entnervt fange ich am Rechner zu spielen an. Mit Buchstaben, Zahlen. Mit Leerfeldern, dem lateinischen Alphabet und dem kyrillischen. Und siehe da: Es blinkt grün! Dank meiner digitalen Existenz darf ich mich nun auch analog an vielen Orten im Land aufhalten. Ausgetrickst, du Bürokratie-Monster!

aussenpolitik@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2021)

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