Als 1998 „Sex and the City“ erschien, wanderte die Darstellung von Sex gerade vom Kino ins Fernsehen. Seitdem hat sich einiges getan: Wir sehen heute nicht nur mehr Sex in Serien, sondern auch realistischeren und diverseren. Das hat auch damit zu tun, dass hinter der Kamera immer öfter Profis am Werk sind.
Hast du ein Kondom?“, fragt Marianne etwas verschüchtert. „Ja“, antwortet Connell und steht vom Bett auf. „Ist das das, was du willst?“ Über sechs Minuten dauert die erste Sexszene in der 2020 erschienenen Serie „Normal People“ – vom zaghaften Kuss der beiden Teenager bis zum letzten Anblick der einander suchenden, in Erregung erstarrten Lippen. Dann Schnitt. Keine synchronen Orgasmen zweier erstmals miteinander intim gewordener Personen sieht man hier, keine zufrieden in die Kissen sinkenden, trockenen und sauberen Körper – und niemanden, der sich eilig in die Decke wickelt, als wäre Nacktsein das Letzte, was im postkoitalen Zustand zumutbar wäre.
Solche Klischees kennt man nur zu gut. Dass „Normal People“ einen weiten Bogen um sie macht, ist nicht das Einzige, was diese irische Serie auszeichnet. Mehr noch fällt auf, dass die ausführlichen Sexszenen hier nicht genutzt werden, um explizite Details zu zeigen, sondern um den einmal umständlicheren, einmal direkteren kommunikativen Bemühungen Raum zu geben, die dafür sorgen, dass sich zwei Menschen im Bett wirklich finden.