Kaufverhalten

Reparatur statt Neukauf – Geldsparen mit gebrauchter Technik

Ein iPhone 11 aus dem Jahr 2019. Ältere Technik wird wieder gefragter.
Ein iPhone 11 aus dem Jahr 2019. Ältere Technik wird wieder gefragter.(c) imago images/imagebroker (imageBROKER/Valentin Wolf via www.imago-images.de)
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Allein in Deutschland liegen 206 Millionen gebrauchter Handys in den Schubladen. Materialmangel und Lieferengpässe führen dazu, dass Konsumenten plötzlich stärker auf alte Waren zurückgreifen. Zur ökologischen Effizienz kommt Geldersparnis – und sogar eine neue Garantie.

Frankfurt am Main/Wien. Ist das Display zerkratzt oder macht der Akku schnell schlapp, muss nicht direkt ein neues Smartphone her. Oft reicht es, ausgediente Teile zu ersetzen und so dem Gerät ein verlängertes Leben zu ermöglichen.

Das sehen Anbieter von Refurbished-Artikeln schon lang so, freuen sich aber derzeit erst recht: Denn wegen des aktuellen Materialmangels etwa bei Chips kommt es zu Produktionsschwierigkeiten und Lieferengpässen bei vielen Herstellern von Smartphones, Tablets und Co. „Muss es wirklich immer das neueste Produkt sein? Oder kann es nicht auch ein Produkt sein, das so gut wie neu ist?“, fragt Kilian Kaminski, in Wien lebender Mitgründer des Online-Marktplatzes Refurbed.

Bessere Ressourcennutzung

Aus Sicht des Unternehmers habe sich das Konsumverhalten vieler Kunden verändert. „Das Interesse an Refurbished-Produkten ist enorm gestiegen“, sagt Kaminski. Der Chipmangel und die generellen Rohstoffengpässe tragen vermutlich auch dazu bei, dass sich mehr Leute mit dem Konsum von Elektronik auseinandersetzen,“ meint er.

„Weniger Neuware zu kaufen und mehr auf aufgearbeitete Produkte zurückzugreifen, kann dazu beitragen, mit begrenzten Ressourcen besser umzugehen“, meint auch Martin Hügli, Deutschland-Chef von Back Market, einer Online-Plattform für den Verkauf von erneuerten elektronischen Geräten. Schließlich tauschen Refurbished-Anbieter oft nur kaputte Teile von genutzten Elektrogeräten aus und bieten diese dann wieder zum Verkauf an. Daher seien die Unternehmen selten auf große Mengen an neuen Materialien oder Chips angewiesen, erläutert der Präsident des Branchenverbands European Refurbishment Association (Eurefas), Augustin Becquet. Davon profitiere die Branche nun.

Der Verband habe etwa eine große Nachfrage nach generalüberholten älteren iPhone-Modellen festgestellt, sagt Becquet. Dafür könne etwa die Materialknappheit verantwortlich sein, die zu Produktions- und Lieferschwierigkeiten beim zuletzt erschienenen iPhone 13 führe. Statt das neueste Gerät zu kaufen, müssen Kunden so auf ältere, bereits gebrauchte Exemplare ausweichen. Zahlen dazu hat der Verband allerdings nicht.

„Aktuelle Umsatzprognosen für das neue iPhone gehen davon aus, dass aufgrund des Chipmangels weniger Geräte verkauft werden“, meint auch Hügli. Tatsächlich berichtete Apple-Chef Tim Cook im Oktober, dass Engpässe in der Lieferkette und Corona-Ausfälle in der Produktion den Konzernumsatz um sechs Milliarden Dollar drückten. Die Händler von generalüberholter Ware arbeiten hingegen oft mit älteren Modellen, bei denen genug Bestandteile verfügbar seien, erklärt der Back-Market-Chef.
Die Engpässe bei Neuware können viele zusätzlich dazu motivieren, bereits gebrauchte Geräte zu kaufen, meint der Geschäftsführer des deutschen Handelsverbands Technik, Steffen Kahnt. Der Verband sieht Refurbished jedoch als kleine Nische.

Mehr Ersparnis, neue Garantie

Das Geschäftsmodell habe aber neben dem Materialaspekt noch andere Vorteile, meint Niklas Meyer-Breitkreutz vom deutschen Digitalverband Bitkom. „Die Kundinnen und Kunden sparen auch Geld und erhalten auf die Geräte sogar wieder eine Garantie.“ Die Geräte sollen länger genutzt und so der CO2-Fußabdruck minimiert werden. Schließlich horten allein deutsche Bundesbürger in ihren Schubladen rund 206 Millionen Handys und Smartphones, die wiederaufbereitet und weiterbenutzt werden könnten, wie eine Befragung im Auftrag von Bitkom ergab.

Hersteller kaufen alte Geräte

Hersteller wie Apple und Samsung bieten bereits beim Kauf neuer Geräte an, das alte in Zahlung zu nehmen. Sie werden aufbereitet oder gehen ins Recycling, um Rohstoffe zurückzugewinnen. Laut Apple konnten im vergangenen Jahr so weltweit 10,4 Millionen Geräte dem Refurbishment und 39.000 Tonnen Elektroschrott dem Recycling zugeführt werden.
Sollte der Rohstoffmangel länger anhalten und sich auf die Preise von Elektrogeräten auswirken, sieht Marion Lichti vom IT-Händler AfB darin einen Vorteil: „Gute generalüberholte Gebrauchtware ist preislich attraktiv und umso attraktiver, je stärker die Preise bei Neugeräten steigen.“

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