Die Natur in der Lobau müsse geschützt werden, sagt Gewessler.
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Mitreden: Brauchen wir Verkehrsprojekte wie den Lobau-Tunnel?

Seit Monaten brodelt es rund um ein großes Verkehrsprojekt in Wien. Jetzt hat Umweltministerin Leonore Gewessler entschieden: Der Lobau-Tunnel wird nicht gebaut. Die richtige Entscheidung? Diskutieren Sie mit!

Am Mittwoch hat die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler Nägel mit Köpfen gemacht: Das Projekt Lobau-Tunnel wird endgültig gestoppt. Die unberührte Natur in der Lobau müsse geschützt werden, so Gewessler. Dafür demonstrierten Gegner auch seit über drei Monaten in einem Protest-Camp. Heftige Kontroversen (sie dauern mittlerweile übrigens seit rund 20 Jahren an) wird das Wiener Verkehrsprojekt auch weiterhin hervorrufen. Außerdem wird eine Klagswelle erwartet.

Doch was spricht nun eigentlich für und was gegen den Lobau-Tunnel? Darüber haben Teresa Wirth und Martin Stuhlpfarrer in einer ausführlichen Analyse geschrieben. Ein Argument der Befürworter: „Die Abgase durch den täglichen Stau (auch) durch internationaler Frächter mitten in Wien schadet der Umwelt. Wird die Tangente entlastet, der Schwerverkehr flüssig über die Umfahrung umgeleitet, entstehen insgesamt weniger Schadstoffe.“ Ein Argument der Gegner: „Je mehr Straßen gebaut werden, desto attraktiver sei es für Autofahrer, diese auch zu benutzen.“ Alle Pro- und Contra-Positionen lesen Sie hier.

Innenpolitik-Chef Oliver Pink meint unterdessen in einem aktuellen Kommentar, Gewesslers Absage belastet auch die türkis-grüne Koalition: „Wie es mit Türkis-Grün dann allerdings weitergeht – und vor allem: wie lange –, ist ungewiss.“ Die Beschwerden gegen die grüne Umweltministerin (hier ein Porträt von Thomas Prior) wurden zuletzt jedenfalls immer mehr.

Chefredakteur Rainer Nowak fügt in einem Leitartikel hinzu: „Das vorläufige Ende des Lobautunnels vertieft die neue Feindschaft zwischen Grünen und SPÖ."

Der rote Wiener Bürgermeister Michael Ludwig meinte kurz nach der Entscheidung: „Das ist ein Schlag gegen die Lebensqualität in unserer Stadt“. Und kündigte juristische Schritte an. An Gewessler gerichtet meinte er erst vor kurzem in einem „Presse"-Interview: „Erst vor der oberösterreichischen Landtagswahl hat Umweltministerin Leonore Gewessler eine Straße in Oberösterreich nach einer Evaluierung genehmigt. Ich finde es gut, dass in Rainbach und Freistadt die Bevölkerung vom Durchzugsverkehr befreit wird. Aber warum es das nicht auch für Wien geben soll, erschließt sich mir nicht."

Anders sieht das Heinz Högelsberger, der sich schon lange gegen die Lobau-Autobahn einsetzt, in einem Gastkommentar. Er schreibt, Ludwig sollte seine „sture Haltung“ aufgeben und auf die Klimaministerin zugehen - und fragt sich ob die Wiener SPÖ wirklich eine Autofahrer- und Pensionistenpartei sein will.

Jemand, der auch froh sein wir, dass der Tunnelbau gestoppt wurde, ist der Verkehrswissenschaftler Hermann Knoflacher. In einem Gastkommentar schreibt er: "1983 hat man auch das Relikt der Reichsautobahn, die S1, aus dem Netz genommen. Ein zukunftweisender Schritt aus Sicht des bedrohlichen Klimawandels heute. Dass dieses Projekt wieder auftaucht, widerspricht jeder fachlichen Logik, Vernunft und Verantwortung für die Zukunft."

(sk)

Diskutieren Sie mit: Wie sinnvoll ist der Lobau-Tunnel? Ist der Stopp des Bauvorhabens die richtige Entscheidung? Gibt es Alternativen? Und: Wie wird sich Gewesslers Entscheidung auf die Regierung auswirken?

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