US-Außenminister: "Beweise" für von Moskau geplante Aggression gegen Ukraine

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Antony Blinken wirft Russland vor, einen Angriff gegen die Ukraine zu planen. Die Ukraine drängt die Nato im Falle einer Invasion zu Sanktionen.

US-Außenminister Antony Blinken hat Russland vorgeworfen, "erhebliche aggressive Schritte gegen die Ukraine" zu planen. Für diese Pläne gebe es "Beweise", sagte Blinken am Mittwoch beim Treffen der NATO-Außenminister in Riga und drohte Moskau für den Fall eines Angriffs mit scharfen US-Wirtschaftssanktionen. Die russischen Pläne reichten von "Bestrebungen zur Destabilisierung der Ukraine aus dem Inneren heraus bis hin zu groß angelegten Militäroperationen".

Die Ukraine drängte die NATO am Mittwoch zur Vorbereitung von Sanktionen gegen Russland, um eine mögliche Invasion Zehntausender russischer Soldaten in Grenznähe zu verhindern. "Wir werden die Verbündeten aufrufen, sich der Ukraine anzuschließen und ein Abschreckungspaket zu schnüren", sagte Außenminister Dmytro Kuleba.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sicherte Kiew die Unterstützung des Bündnisses für ihre territoriale Integrität zu und nannte weitere wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen eine Option. In Kiew forderte Präsident Wolodymyr Selenskyj direkte Gespräche mit Russland über den sich verschärfenden Konflikt in der Ostukraine. Das Präsidialamt in Moskau erklärte jedoch, die ukrainische Führung müsse mit den pro-russischen Separatisten im Donbass sprechen. Zugleich begann das russische Militär mit seinem regulären Wintermanöver, das zum Teil auch an der Grenze zur Ukraine stattfindet.

Russischer Truppenaufmarsch an Grenze zu Ukraine

Außenminister Kuleba sagte, Teil des Abschreckungspaketes müssten Wirtschaftssanktionen gegen Russland sein für den Fall, dass sein Präsident Wladimir Putin beschließe, "das Worst-Case-Szenario zu wählen". Die NATO solle auch die militärische und verteidigungspolitische Zusammenarbeit mit der Ukraine stärken. "Wir sind zuversichtlich, dass wir Präsident Putin abschrecken und ihn davon abhalten können, das Worst-Case-Szenario, einen Militäreinsatz, zu wählen, wenn wir unsere Anstrengungen bündeln, wenn wir koordiniert handeln."

Seit Tagen gibt es Berichte über einen russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Die Regierung in Kiew und die NATO befürchten, die Truppenbewegungen nahe der Grenze könnten Vorboten einer offenen militärischen Konfrontation sein. Russland hat erklärt, es habe nicht die Absicht, in die Ukraine einzumarschieren. Stoltenberg bekräftigte, jede künftige Aggression Russlands gegenüber der Ukraine werde einen hohen Preis haben und ernste politische und wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Neben Wirtschafts- und Finanzsanktionen seien politische Beschränkungen eine Option. Wann die Ukraine für den von ihr gewünschten NATO-Beitritt bereit sei, werde das Militärbündnis entscheiden.

"Um die Wahrheit zu sagen, werden wir nicht in der Lage sein, den Krieg ohne direkte Verhandlungen mit Russland zu beenden", sagte Präsident Selenskyj vor dem Parlament. "Und dies wurde heute von allen, allen externen Partnern anerkannt." Seine Regierung teilte mit, sie habe versucht, ein persönliches Gespräch zwischen Selenskyj und Putin zu arrangieren. Die Bitte sei aber ignoriert worden. Das russische Präsidialamt erklärte, Putin sei nicht gegen die Idee einer solchen Beratung. Aber Gespräche um der Gespräche willen seien sinnlos. Die russische Führung wolle lieber eine ordentliche Tagesordnung für ein Gespräch ausarbeiten. Russland hat die ukrainische Halbinsel Krim im Schwarzen Meer im Jahr 2014 annektiert; der Donbass ist das Gebiet im Osten der Ukraine, in dem pro-russische Separatisten seit 2014 gegen ukrainische Soldaten kämpfen. Eine Waffenstillstandsvereinbarung wird immer wieder gebrochen.

Moskau kritisiert ukrainische Soldaten im Donbass

Der Sprecher des Präsidialamts in Moskau, Dmitri Peskow, sagte, Russland sei nicht in der Position, in der Region deeskalierend zu wirken, wenn die Ukraine mehr als 120.000 Soldaten im Donbass zusammengezogen habe. "Russland kann keine Maßnahmen zur Deeskalation ergreifen." Man sei ernsthaft besorgt über die große Zahl ukrainischer Soldaten in Grenznähe. Das lasse befürchten, dass die Führung in Kiew versuchen könnte, den Konflikt mit den Separatisten militärisch zu lösen. "Das ist ein sehr gefährliches Abenteuer. All dies bereitet uns große Sorge, weil dies in unmittelbarer Nähe zu unserer Grenze geschieht."

Im Zuge des Wintermanövers schickte Russland nach eigenen Angaben 10.000 Soldaten in das weitläufige Manövergebiet im Süden. Die Übung werde auch auf der Krim abgehalten und in einer russischen Region, die an den Donbass angrenze.

Seit April 2014 werden Teile der ostukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk entlang der russischen Grenze von durch Russland unterstützten Separatisten kontrolliert. Der Kreml sieht sich jedoch nicht als Konfliktpartei und drängt die Ukraine seit langem zu direkten Verhandlungen mit den Rebellen in Donezk und Luhansk. Kiew lehnt dies jedoch beharrlich ab. UN-Schätzungen zufolge sind im Konflikt bisher mehr als 13.000 Menschen getötet worden. Ein unter deutsch-französischer Vermittlung vereinbarter Friedensplan liegt auf Eis. Er sieht einen dauerhaften Waffenstillstand mit einer Entmilitarisierung, Kommunalwahlen und einer weitgehenden Autonomie für die Separatistengebiete vor.

(APA/AFP)

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