Das politische Leben des Sebastian Kurz
Integrationsstaatssekretär, Außenminister, ÖVP-Chef und Kanzler - teils deutlich vor, teils knapp über 30. Ein Porträt.

Am 9. Oktober 2021 verkündete Sebastian Kurz seinen Rückzug als Bundeskanzler. Er zog damit die Konsequenzen aus den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen seine Person - und übergab das Amt als Chef der türkis-grünen Regierung an Alexander Schallenberg. Obmann der ÖVP wollte er bleiben, Klubobmann im Parlament wollte er werden - allerdings änderte sich das mit der "persönlichen Erklärung" am 2. Dezember.
REUTERS

Der heute 35-Jährige kann auf eine beachtliche Polit-Karriere zurückblicken. Aus der eigenen Jugendorganisation kommend wurde der von Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger protegierte Wiener mit gerne betonten Wurzeln in Niederösterreich Integrationsstaatssekretär, Außenminister, ÖVP-Obmann und Regierungschef und das teils deutlich vor, teils knapp über 30. (Bild: Kurz und seine Lebensgefährtin Susanne Thier)
APA/GEORG HOCHMUTH

Thematisch setzte Kurz, der Ende November 2021 Vater eines Sohnes geworden ist, auf einen immer strenger werdenden Migrationskurs. Hatte er als Integrationsstaatssekretär noch eher den liberalen Flügel der Partei bedient, Integrationsbotschafter benannt und von Kopftuchverboten nichts wissen wollen, wandte sich das Blatt mit den Fluchtbewegungen ab 2015. Das "Schließen der Balkanroute" wurde zu seinem Leitspruch. Diese Rolle ermöglichte es ihm, insbesondere der FPÖ Stimmen abspenstig zu machen.
REUTERS

Ansonsten wirkte Kurz inhaltlich flexibel. So wechselte er in Sachen Corona-Management fließend vom strengen Lockdown-Verordner zum generösen Masken-Abnehmer. Ein Interview im Sommer 2021, als er mit Verzicht verbundenen Klimaschutz in Richtung Steinzeit-Politik schob, ließ den Kanzler freilich eher alt aussehen.
REUTERS

Nach einer aufgrund des "Ibiza-Videos" vorzeitig beendeten Koalition mit der FPÖ versuchte Kurz seit 2019 das "Beste aus zwei Welten" mit den Grünen zusammenzuführen. Der Umgang mit Flüchtlingen aus abgebrannten Lagern in Moria sowie Fragen des Klimaschutzes - insbesondere die Debatte um den (Doch-Nicht-)Bau des Lobau-Tunnels - machten das allerdings nicht einfach.
REUTERS

Sein Ende als Kanzler läutete aber dann weder das Klima noch die Asylfrage ein, sondern Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Falschaussage im parlamentarischen U-Ausschuss (ihm wird vorgeworfen, seine Rolle bei der Bestellung des vormaligen Öbag-Chefs Thomas Schmid klein geredet zu haben). Zudem wird er wegen Korruptionsdelikten als Beschuldigter geführt: Es geht um Untreue und Beihilfe zur Bestechlichkeit in Zusammenhang mit Umfragen, die dazu beigetragen haben sollen, Reinhold Mitterlehner als ÖVP-Chef abzusägen. In beiden Fällen gilt die Unschuldsvermutung, Kurz bestreitet alle Vorwürfe vehement.
REUTERS

Sebastian Kurz, geboren am 27. August 1986 in Wien.2007-2012 Vorsitzender der Wiener JVP, 2009-2017 Obmann der Bundes-JVP. 2010-2011 Abgeordneter zum Wiener Landtag. Ab Juni 2011 Staatssekretär für Integration, ab Dezember 2013 Außen- und ab März 2014 Außen- und Integrationsminister. Seit Mai 2017 ÖVP-Obmann, von Dezember 2017 bis Mai 2019 und ab Jänner 2020 bis Oktober 2021 Bundeskanzler.
APA/HANS KLAUS TECHT