ÖVP-Rochaden

Nehammer wird Bundeskanzler und baut sein Regierungsteam um

Der künftige Kanzler Karl Nehammer
Der künftige Kanzler Karl Nehammer(c) Getty Images (Thomas Kronsteiner)
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Gerhard Karner folgt dem künftigen Kanzler Karl Nehammer als Innenminister nach, Staatssekretär Magnus Brunner wird Finanzminister, Martin Polaschek löst Heinz Faßmann ab.

Der Rückzug von Sebastian Kurz von all seinen politischen Ämtern hat einen Rücktrittsreigen innerhalb der Regierungsmannschaft der ÖVP ausgelöst. Neuer Kanzler und Parteiobmann wird der bisherige Innenminister Karl Nehammer, der sein Team kräftig umbaut.

„Ich wurde heute einstimmig zum geschäftsführenden Parteiobmann bestellt und gleichzeitig damit auch zum Kandidaten für den Bundeskanzler", gab Nehammer Freitagvormittag im Anschluss an den Bundesparteivorstand bekannt. Das sei eine "große Ehre“ und ein „Privileg“, denn die Volkspartei als Bewegung sei für ihn schon sehr lange eine, „die mich immer fasziniert hat“.

Nehammer will Politik „aktiv gestalten" und „die Linien“ der ÖVP halten, wenn es um Migration und Sicherheit gehe. Drei Grundwerte seien ihm wichtig: Verantwortung, Solidarität und Freiheit. Die ÖVP sei eine Partei, die "in die Zukunft hineinarbeitet, ohne das Fundament der Werte zu vergessen". Vor Kurz' Entscheidung habe er großen Respekt, betonte der künftige Kanzler: „Ich danke Sebastian Kurz, dass er so fürsorglich und wohlwollend für einen guten Übergang gesorgt hat.“ Dank ging aber auch an Übergangskanzler Alexander Schallenberg: „Er war bereit, in einer sehr herausfordernden Situation Verantwortung zu übernehmen, im wahrsten Sinne des Wortes der Republik zu dienen. Dafür bin ich ihm sehr dankbar."

Personalkarusell: Wer geht und wer kommt

Dem Bundespräsidenten wird Nehammer folgende Personen für die freigewordenen Ministerposten vorschlagen:

Finanzminister: Der bisherige Staatssekretär Magnus Brunner übernimmt von Gernot Blümel, der am Vorabend seinen Rücktritt verkündet hatte. [>>> Zum Porträt von Magnus Brunner]

Innenminister: Gerhard Karner, derzeit Zweiter Präsident des niederösterreichischen Landtages, folgt dem künftigen Kanzler. [>>> Zum Porträt von Gerhard Karner]

Bildungsminister: Martin Polaschek, Rektor der Universität Graz, löst Heinz Faßmann ab. Die Deutungen gehen bei diesem Rücktritt  auseinander. Nehammer erklärte, Faßmann sei „von sich aus“ an ihn herangetreten. Er habe ihm, als neuem Parteichef, „die Freiheit geben“ wollen, „neu zu gestalten“. Ein Ersuchen um eine Auswechslung war das aber nicht. „Natürlich darf sich ein neuer Teamchef seine Teamspieler aussuchen“, sagt Faßmann zur „Presse“. Deshalb sei er an Nehammer herangetreten. Dann war er aber offenbar nur noch Passagier in den Verhandlungen. Seinen Austausch kommentiert er nun so: „Ich nehme das so zur Kenntnis.“ [>>> Zum Porträt von Martin Polaschek]

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt: Die 26-jährige Bundeschefin der Jungen ÖVP und Nationalratsabgeordnete Claudia Plakolm wird das jüngste Regierungsmitglied. [>>> Zum Porträt von Claudia Plakolm]

Außenminister: Der bisherige Kanzler Alexander Schallenberg kehrt auf diesen Posten zurück.

Die Angelobung des neuen Kanzlers und seiner erneuerten Regierungsmannschaft soll Montagvormittag stattfinden. Die Grünen wollen mit dem neuen Team „rasch an die Sache, rasch zu arbeiten beginnen“.

Und auch der nominierte Bundeskanzler bestätigt: „All das, was ich Ihnen jetzt gesagt habe, habe ich auch mit dem Vizekanzler der Republik besprochen.“ Man sei in einer „sehr vertrauensvollen und engen Abstimmung“ und werde die Gespräche mit dem Bundespräsidenten rasch suchen. Noch am Freitagabend will sich Bundespräsident Van der Bellen in einer Fernsehansprache zu Wort melden.

„Freiheit zurückerlangen"

„Aufgabe von uns allen ist es weiter, daran zu arbeiten, die Folgen der Coronapandemie zu bekämpfen und die Freiheit gemeinsam zurückzuerlangen“, ging Nehammer auch immer wieder auf die Coronakrise ein. „Wir alle gemeinsam haben es in der Hand, die Freiheit für uns alle wieder zurückzuerlangen.“ Die eigene Freiheit sollte allerdings dort enden, wo die Freiheit des anderen beginne. Und Freiheit heiße auch, eine Entscheidung zu treffen: nämlich solidarisch zu sein in einer Gesellschaft und „aufeinander aufzupassen". Die Freiheit werde schließlich nicht durch parteipolitische Entscheidungen oder politische Agitationen eingeschränkt, sondern durch das Virus, betonte Nehammer.

Das Parteistatut, das Kurz als Parteichef ein starkes Durchgriffsrecht gab, will Nehammer nicht ändern. Auf Kurz' verbliebenen Kabinettschef Bernhard Bonelli angesprochen, sagte er: "Es wird auch hier Veränderungen geben und das Team verändert aufgestellt.“ Und auf die Frage, ob die ÖVP türkis bleibe, antwortete der neue Parteichef kanpp, nun sei „nicht die Zeit für Marketingfragen“.

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