Gastkommentar

ÖVP, es wird Zeit für einen neuen Stil

Kanzler und Ex-Kanzler: Karl Nehammer, Alexander Schallenberg
Kanzler und Ex-Kanzler: Karl Nehammer, Alexander SchallenbergREUTERS
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Den Klimaschutz verzögern hat in der ÖVP eine lange Tradition. Das muss sich ändern. Denn es geht um Werte, die einst zentral für die Volkspartei waren: Sicherheit, Wirtschaft, Gesundheit und Humanität.

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Auf der Klimakonferenz in Glasgow haben eine Kollegin und ich mit Ex-Bundeskanzler Schallenberg über Klimaschutz diskutiert. Was wir Jugendlichen fordern, ist simpel und konservativ: Haltet, liebe Bundesregierung, bitte einfach ein, was ihr uns 2015 in Paris versprochen habt, damit unsere Welt bewohnbar bleibt.

Doch anstatt über Lösungen wie ein vernünftiges Klimaschutzgesetz zu sprechen, brachte Schallenberg dieselben Argumente, die wir seit Jahrzehnten von der Volkspartei kennen. Österreich könne als kleines Land nichts tun, Unternehmen würden abwandern oder ein Klimaschutzgesetz sei unwichtig, weil die Regierung eh schon genug macht. Aussagen wie diese werden in der Wissenschaft als Verzögerungsargumente bezeichnet. Verzögerungsargumente stellen Probleme, für die es meist Lösungen gäbe, als Grund dar, im Klimaschutz weiter nichts zu tun.

Klimaschutz verzögern hat in der Volkspartei eine lange Tradition. Traditionen stützen sich meist auf Annahmen über unsere Welt. Doch unsere Welt verändert sich schneller denn je und so sollte sich auch die ÖVP zweimal überlegen, ob sie mit dem Klimaschutz weiter auf Kriegsfuß bleiben möchte.

»Klimaschutz ist eine Frage von Leben und Tod. Mindestens wer in Glasgow war, sollte das wissen. «

Klimaschutz ist heute eine Standortfrage. Viele Unternehmen fordern schnellere Maßnahmen von der Politik, um das Risiko hoher Stranded Investments zu verringern. Klimaschutz ist eine Voraussetzung für geopolitische Sicherheit, warnen Militärs, und eine Notwendigkeit, um eine Belastung des Budgets in Milliardenhöhe zu vermeiden, sagt der Rechnungshof.

Allem voran ist Klimaschutz aber eine Frage von Leben und Tod. Zumindest wer in Glasgow war, sollte das wissen. Die Reden der Menschen aus dem Globalen Süden, welchen auch Alexander Schallenberg lauschte, zeigten eindrücklich die katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise in vulnerablen Weltregionen.

Keiner der genannten Gründe darf die ÖVP und deren neuen Kanzler Nehammer kalt lassen. Sicherheit, Wirtschaft, Gesundheit, Humanität – all das waren einst zentrale Werte der Volkspartei. Jetzt, wo Türkis geht und Schwarz bleibt, ist Zeit für eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Mission, um dann mit einem zeitgemäßen Plan in die Zukunft zu blicken. Klimaschutz wird dann Teil dieses Zukunftsplans sein und irgendwann müssen Kinder hoffentlich nicht mehr auf die Straße gehen, weil die Politik endlich verstanden hat, dass die Rettung des Planeten auch in ihrem Interesse ist.

Michael Spiekermann, 22, studiert Umwelt- und Bioressourcenmanagement an der Universität für Bodenkultur Wien und engagiert sich bei Fridays For Future Austria für starke Klimagesetze sowie den Austausch mit Interessensvertretungen.

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