Waldbrandforschung

„Wir müssen die Waldbrandgefahr ernster nehmen“

156-mal brannte es heuer in Österreichs Wäldern, 117-mal menschenverschuldet.
156-mal brannte es heuer in Österreichs Wäldern, 117-mal menschenverschuldet. [ einsatzdoku.at/APA/picturedesk.com ]
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85 Prozent der Waldbrände sind hausgemacht. Eine durch den Klimawandel verlängerte Saison erhöht die Gefahr, warnt der Leiter der österreichischen Waldbrandinitiative, Harald Vacik.

Es war im Jahr 1947 als der Wald am Hang der Ostflanke der Großen Arnspitze, über deren Gipfel die Grenze zwischen Bayern und Tirol verläuft, von Ende August bis Anfang November in Flammen stand. Der immer wieder aufflackernde Brand vernichtete jegliche Vegetation. Bis heute hat keine nennenswerte Begrünung stattgefunden. So manch kahler Alpengipfel ist ein Mahnmal einer ernst zu nehmenden Waldbrandgefahr, die vom Klimawandel zusätzlich befeuert wird. Auf wissenschaftlicher Ebene beschäftigt sich damit die Forschungsinitiative Waldbrand der Boku Wien.

Affri lautet die Abkürzung für das Projekt, Austrian Forest Fire Research Initiative, über das 2008, als es gestartet hat, mitunter gewitzelt wurde, dass es sich um eine Verwechslung handeln müsse. Immerhin sei nicht Austria, sondern Australien bekannt für gefährliche Waldbrände. „Ja, das waren die Anfänge“, erinnert sich Harald Vacik vom Institut für Waldbau der Boku Wien lachend zurück. Er leitet die mittlerweile zweite Auflage der Initiative. Damals habe tatsächlich der eine oder andere angefragte Gutachter den Kopf geschüttelt, so wenig relevant schien das Thema.

Gefährliche Feuer richtig einschätzen

Dabei brennt es in österreichischen Wäldern durchschnittlich 200 Mal pro Jahr, für hiesige Verhältnisse extremere Ereignisse gab es zuletzt in Hirschwang und St. Egyden in Niederösterreich, in Absam in Tirol, in Lurnfeld in Kärnten und in Hallstatt in Oberösterreich. Vacik: „Wir haben mit Affri praktisch bei null angefangen und versuchten zuerst, eine empirische Grundlage für die Waldbrandforschung zu entwickeln. Darauf aufbauend führen wir nun in mehreren Projekten Feldstudien durch. Hier geht es auch darum, die Bundesländer in der Dokumentation mit an Bord zu holen.“

An verschiedenen Brandorten untersuchte Vacik mit seinem Team etwa, welche Biomasse vorhanden war und wie schnell diese verbrannt ist. Aktuell setzt er in Zusammenarbeit mit der TU Wien auch Satellitenbilddaten ein, um eine verbesserte Grundlage zur Zusammensetzung der Vegetation zu erhalten. Diese beeinflusst Entzündlichkeit, Ausbreitung und Intensität eines Feuers; darüber mehr zu wissen, ist also essenziell für die Vorhersage. „Es geht darum festzustellen, wo im Wald es zum Beispiel eine Vertikalstruktur gibt – also angefangen von der Bodenvegetation, über Kräuter und Sträucher, bis hin zu den Kronen. Eine solche erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine Feuerleiter. Der Brand kann sich dann von einem Bodenfeuer in ein Kronenfeuer entwickeln.“ Letzteres kann nur mehr schwer direkt bekämpft werden.

Eine vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderte Datenbank mit 6500 Einträgen, die zum einen größere historische und aktuelle Waldbrände erfasst sowie zum anderen Vegetationsbrände seit 1993 ab einer Fläche von 0,1 Hektar relativ umfassend und öffentlich einsehbar dokumentiert (fire.boku.ac.at), gibt es bereits. In einem nächsten Schritt arbeitet die Forschungsgruppe um Vacik jetzt an einem speziellen Waldbrandgefährdungssystem als Werkzeug für Behörden und Einsatzkräfte (waldbrand.at). Darin sollen alle Faktoren für Entstehung (Mensch, Vegetation, klimatische Verhältnisse), Ausbreitung (Wind, Neigung, Exposition, Vegetation, Barrieren wie Straße oder Wasser) und Vulnerabilität (kritische Infrastruktur, Siedlungen) zusammengeführt werden.

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