Ausgerechnet die konfliktfreudigen „Ökos“ verkörpern nun Staatsräson und Stabilität. Ihre Loyalität zum „Besten aus beiden Welten“ könnten sie sich aber teuer erkaufen lassen.
Knapp zwei Jahre ist die türkis-grüne Zusammenarbeit nun alt. Zwei Jahre, in denen die Grünen nicht nur durch die Coronapandemie wiederholt mit dem Rücken zur Wand gestanden sind. „Das Beste aus beiden Welten“ sei ihr politischer Todesstoß, lauteten die Prophezeiungen vieler (linker) Kommentatoren noch Anfang dieses Jahres. Doch seither ist viel passiert. Nicht Chaos und interne Streitereien sind Begriffe, mit denen die Grünen heute von sich reden machen. „Stabilität“ und „Staatsräson“ sind die Schlagwörter, die sie aktuell an Kameras richten. Dass die ÖVP inzwischen darniederliegt, ist in weitestem Sinne sogar ihre Schuld.
„Oberwasser“ habe man aktuell, heißt es aus einem Regierungsbüro. Tatsächlich hat sich das grüne Regierungsteam im zweiten Jahr, trotz Pandemie und Ministerwechsel, allmählich in seine Rolle eingearbeitet. Abseits der Corona-Sorgen habe man die „Basisflughöhe“ erreicht. „Jetzt läuft das Werkel. Wir wollen das Land gestalten.“ Das macht es für sie leichter, die Krise der ÖVP nun zurückgelehnt zu beobachten. Anders als noch vor einigen Monaten empfinden sie die Probleme des Partners nicht als eigene. Eigene Erfolge werden dafür (medial) zelebriert. Ihr politischer Trumpf, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, hat im Sommer wichtige Projekte geliefert – auch am Tag vor Kurz' Rückzug mit dem Aus des Lobau-Tunnels. Genugtuung und Stolz steigen in vielen grünen Parteibüros unterdessen an.