98,8 Prozent

SPD stimmt Koalitionsvertrag mit Grünen und FDP zu

Olaf Scholz, designierter SPD-Bundeskanzler, sichtlich erfreut
Olaf Scholz, designierter SPD-Bundeskanzler, sichtlich erfreutAPA/AFP/POOL/HANNIBAL HANSCHKE
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98,8 Prozent der Delegierten stimmten für die erste Ampel-Koalition Deutschlands. Die Entscheidungen der Grünen und FDP stehen noch aus.

Die SPD hat grünes Licht für die erste Ampel-Koalition in Deutschland auf Bundesebene unter Führung des wohl künftigen Kanzlers Olaf Scholz gegeben. Die Delegierten des Sonderparteitags stimmten am Samstag mit überwältigender Mehrheit von 98,8 Prozent für den Koalitionsvertrag mit Grünen und FDP. Scholz kommentierte das überaus deutliche Ergebnis trocken: "Ja, und nun machen wir uns an die Arbeit." Die Entscheidungen von FDP und Grünen über die Koalition stehen noch aus.

Vor der Abstimmung hatte der 63-Jährige eindringlich um Zustimmung geworben und eine Regierung versprochen, die sich nicht wegduckt und etwas wagt. "Wir haben jetzt die Chance: Ein Aufbruch kann für Deutschland stattfinden", betonte er. Er bekräftigte seinen Anspruch, länger als vier Jahre an der Regierung zu bleiben. Die Ampel-Koalition mit Grünen und FDP trete an, "um miteinander freundlich zusammenzuarbeiten und um wiedergewählt zu werden".

In der Aussprache gab es kaum Kritik am Koalitionsvertrag. 598 Delegierte stimmten schließlich dafür, 7 dagegen, 3 enthielten sich. Die SPD gab das Ergebnis mit 98,84 Prozent an, ohne die Enthaltungen mitzuzählen. Zum Vergleich: 2018 hatte die SPD die Mitglieder über die äußerst umstrittene große Koalition mit CDU und CSU abstimmen lassen. Rund 66 Prozent waren damals für die sogenannte deutsche GroKo, in der Scholz den Posten des Finanzministers und Vizekanzlers übernahm.

Stimmen von FDP und Grünen stehen noch aus

Das Votum des SPD-Parteitags allein reicht zur Bildung der Koalition allerdings nicht aus. Am Sonntag stimmt auch ein FDP-Parteitag ab, die Grünen befragen derzeit ihre Mitglieder. Das Ergebnis dieser Urabstimmung soll am Montag verkündet werden. Erst dann ist klar, ob es erstmals auf Bundesebene eine Regierung aus SPD, Grünen und FDP geben wird. Dann könnte der Koalitionsvertrag am Dienstag unterschrieben werden. Am Mittwoch könnte Scholz im Bundestag zum Kanzler gewählt und sein Kabinett vereidigt werden.

In ihrem über Wochen ausgehandelten Koalitionsvertrag versprechen die Ampel-Parteien unter anderem große Anstrengungen beim Klimaschutz und einen Umbau der Industrie. Zugleich sind Verbesserungen etwa für Geringverdiener, Mieter und Familien vorgesehen. Der Mindestlohn soll rasch auf 12 Euro steigen, und jährlich sollen 400.000 neue Wohnungen gebaut werden. "Ich bin wahnsinnig stolz auf das, was wir da gemeinsam verhandelt haben", betonte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil.

Dreierbündnis als „Wagnis"

SPD-Parteivorsitzender Norbert Walter-Borjans versprach, seine Partei werde trotzdem kein "Lautsprecher der Regierung" sein und auch die Ziele weiterverfolgen, die es nicht in den Koalitionsvertrag geschafft hätten. Seine Co-Vorsitzende Saskia Esken betonte: "Mit der Ampel schreiben wir Geschichte." Das Dreierbündnis sei aber auch ein Wagnis.

Anders als FDP und Grüne hat die SPD noch nicht bekanntgegeben, wen sie in diesem Kabinett als Ministerinnen und Minister aufstellt. Klar ist, dass die Sozialdemokraten neben dem Kanzleramt die Ministerien für Arbeit und Soziales, Bauen, Gesundheit, Inneres, Verteidigung und wirtschaftliche Entwicklung übernehmen. Außerdem stellt die SPD den Kanzleramtsminister. Es wird damit gerechnet, dass die Namen erst am Montag bekanntgegeben werden - und dass die SPD mehrheitlich Frauen nominiert. Scholz hatte versprochen, dass sein Kabinett paritätisch, also mit mindestens gleich vielen Frauen wie Männern besetzt wird.

„Politik der großen Wirkung"

Schon während der Koalitionsverhandlungen war deutlich geworden, dass SPD, Grüne und FDP einen anderen Regierungsstil an den Tag legen wollen als die Große Koalition aus Union und SPD zuletzt. "Es geht uns nicht um eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners, sondern um eine Politik der großen Wirkung", versprach Scholz bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags.

Er peilt schon jetzt an, dass das Bündnis länger als eine Legislaturperiode, also länger als vier Jahre halten soll. "Eine Regierung wird möglich, die antritt, um miteinander freundschaftlich zusammenzuarbeiten und um wiedergewählt zu werden", sagte er. Der Aufbruch sei eben nicht in vier Jahren getan.

(APA/dpa)

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