Am Herd

Die Pandemie in unseren Träumen

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Neulich hat meine Tochter von einem Traum erzählt. Sie saß in der U-Bahn und plötzlich fiel ihr auf, dass sie keine Maske trug. Sie lachte und sagte: „Das ist so 2020".

Als ich aufgehört habe zu rauchen, das ist über 20 Jahre her, war die erste Zeit bitter. Nikotin hatte mich ständig begleitet, es war, als müsste ich erst wieder lernen, ohne Zigarette zu leben: Es gab so viel erste Male! Das erste Mal aufwachen, ohne nach dem Packerl zu greifen. Das erste Mal Kaffee trinken. Den ersten Artikel schreiben, das erste Mal ausgehen, das erste Mal aus einem Flugzeug steigen – ohne. Jedes Mal versetzte mir die Erinnerung einen kleinen Stich, doch die Stiche wurden im Laufe der Tage und Wochen weniger und weniger, und ich glaubte schon, es sei vorbei. Dann kam der erste nikotinfreie Sommer, ich ging schwimmen, kam aus dem Wasser, trocknete mich ab: Ach, früher hätte ich mir eine angezündet! Wir gern würde ich . . .


Nur ein Film. Mir geht es jetzt mit Filmen so. Letztes Jahr war ich immer wieder verwundert, wie selbstverständlich Menschen dort einander die Hände schütteln. Es irritierte mich, wenn sie ohne Maske an der Kassa standen, wenn sie im Büro die Köpfe zusammensteckten, fast Fremde einander umarmten, vielleicht, weil es mich daran erinnerte, was diese Pandemie uns aufzwingt. Wie seltsam und eingeschränkt doch das Leben ist, das wir führen! Doch Schritt für Schritt habe ich mich daran gewöhnt. Mittlerweile weiß ich: Das ist nur ein Film. Die dürfen das.

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