Ministerliste

Olaf Scholz und die Frauenquote

Olaf Scholz auf dem Sonderparteitag zur Abstimmung über den Koalitionsvertrag
Olaf Scholz auf dem Sonderparteitag zur Abstimmung über den KoalitionsvertragREUTERS
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Die Erstellung der Ministerliste der SPD wird zu einer kleinen Machtprobe.

Olaf Scholz ist Feminist. Das behaupten zumindest jene, die seine Karriere beobachtet haben. „Er wird für die Gleichberechtigung der Frauen mehr tun als Angela Merkel“, sagt etwa der Scholz-Biograf Lars Haider („Olaf Scholz – Der Weg zur Macht“, 2021) der „Presse am Sonntag“. Den ersten Schritt in diese Richtung machte der designierte Kanzler noch vor Amtsantritt: Er versprach, in seinem Kabinett zumindest gleich viele Ministerposten an Frauen wie an Männer zu verteilen. Weil mit Bundeskanzler und Kanzleramtsminister am Ende 17 Stellen zu vergeben sind, wird sogar eine Frau mehr im Kabinett Scholz sitzen.

Wenn der 63-Jährige seinen Plan durchbringt. In der Partei ist ein Gerangel um die Posten ausgebrochen. Das Problem sind die Listen der Koalitionspartner: Zwar haben die Grünen in ihrer Liste drei Frauen und zwei Männer nominiert, aber die FDP stellt drei Minister und nur eine Ministerin auf. Die SPD muss den Männerüberhang der Wirtschaftsliberalen ausgleichen, um die versprochene Geschlechtergleichheit zu schaffen.

Weil Olaf Scholz als Kanzler und sein enger Vertrauter Wolfgang Schmidt als Kanzleramtsminister gesetzt sind, bleibt nur noch eine Stelle für einen Mann übrig, die restlichen fünf müssen an Frauen gehen.

Das Gesundheitsministerium?

Die SPD darf die Ministerien für Inneres, Arbeit und Soziales, Wohnbau, Verteidigung, Entwicklung und Gesundheit besetzen. Während Grüne und FDP vor einer Woche Namen präsentiert und abgesegnet haben, ist bei den Sozialdemokraten nur wenig durchgedrungen.

Nicht nur die Opposition kritisiert, dass mitten in der Pandemie noch immer nicht bekannt ist, wer ab kommender Woche das Gesundheitsministerium leiten wird. Einer, der sich viel erhoffen durfte, dürfte leer ausgehen: Karl Lauterbach, Arzt, Gesundheitsökonom und als regelmäßiger Talkshow-Gast und fleißiger Twitterer ein öffentliches Gesicht in der Pandemie. Nur: Er gilt als politisch schwer kontrollierbar. Und er ist ein Mann.

Die Sorge um eine ausreichend diverses Kabinett hat auch bei den Grünen zu einer umstrittenen Entscheidung geführt: Mit Cem Özdemir wird ein prononcierter Außenpolitiker zum Landwirtschaftsminister bestellt. Das Außenministerium war nicht mehr frei, da Annalena Baerbock darauf bestand. So wird sich der erste deutsche Minister mit türkischen Eltern in einem Feld beweisen müssen, das er bisher noch kaum beackert hat.

Am Samstag hielt die SPD einen Parteitag ab, um den Koalitionsvertrag absegnen zu lassen. Die Ministerliste stellte sie dabei nicht vor. Sie soll nun spätestens bis Montag das Licht erblicken, zwei Tage vor der geplanten Angelobung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2021)

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