Myanmar

Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi nach Teil-Begnadigung zu zwei Jahren Haft verurteilt

Aung San Suu Kyi.
Aung San Suu Kyi.(c) AFP
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Aung San Suu Kyi wurde wegen des Vorwurfs des Aufrufs zur Gewalt und wegen Verstoßes gegen Corona-Auflagen schuldig gesprochen. Das Urteil von zunächst vier Jahren halbierte die Junta Stunden später.

Myanmars entmachtete De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi ist am Montag zunächst zu vier Jahren Haft verurteilt worden - nach einer teilweisen Begnadigung durch die regierende Militärjunta wurde das Urteil Stunden später allerdings auf zwei Jahre halbiert.

Sie sei wegen des Vorwurfs des Aufrufs zur Gewalt und wegen Verstoßes gegen Corona-Auflagen schuldig gesprochen worden, sagte Junta-Sprecher Zaw Min Tun nach der Urteilsverkündung. Die Friedensnobelpreisträgerin von 1991 war im Februar nach einem Militärputsch festgenommen worden, die nun regierende Militärjunta überzog sie mit einer Reihe von Anschuldigungen.

Der entmachtete Präsident Win Myint wurde wegen der gleichen Anschuldigungen zunächst ebenfalls zu vier Jahren Haft verurteilt; auch ihm wurden dann zwei Jahre Haft erlassen. Sowohl Suu Kyi als auch Win Myint würden ihre Haftstrafen am selben, unbekannten Ort verbüßen, wo sie derzeit inhaftiert sind, hieß es weiter.

Journalisten waren zu dem Verfahren vor einem Sondergericht in der Hauptstadt Naypyidaw nicht zugelassen. Suu Kyis Anwälten war Mitte Oktober ein Redeverbot erteilt und jede Kommunikation mit Medien, Diplomaten, internationalen Organisationen und ausländischen Regierungen untersagt worden.

Das Militär hatte seine Machtübernahme mit angeblichem Betrug bei der Parlamentswahl 2020 begründet, bei der Suu Kyis Partei einen klaren Sieg errungen hatte. Bei Protesten gegen das Militär wurden seit Februar mehr als 1.300 Menschen getötet und mehr als 10.000 festgenommen.

Scharfe Kritik von UNO und EU

Die Vereinten Nationen und die EU kritisierten die Haftstrafe für Suu Kyi scharf. Die UNO-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet sprach von einem Scheinverfahren in Geheimverhandlungen und forderte die Militärmachthaber in dem südostasiatischen Land zur sofortigen Freilassung der Friedensnobelpreisträgerin auf. Die Junta wolle über die Gerichte die Opposition ausschalten, Suu Kyis Verurteilung sei rein politisch motiviert. Damit werde aber nur eine weitere Tür für den Dialog zugeschlagen und die Ablehnung der Putschisten geschürt.

Bachelet erklärte, die Armee in Myanmar habe seit dem Putsch Anfang Februar mehr als 10.000 Gegner festgenommen. Mindestens 175 Personen, darunter viele Mitglieder von Suu Kyis Partei NLD, seien Berichten zufolge in Haft gestorben - "sehr wahrscheinlich durch Misshandlung und Folter". Alle ungerechtfertigt Inhaftierten müssten umgehend freigelassen werden, so Bachelet.

Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach von einem politisch motivierten Verfahren. Borrell sagte, die EU verurteile den Richterspruch gegen Suu Kyi scharf. Das Gerichtsverfahren diene eindeutig dazu, demokratisch gewählte Politiker aus ihren Ämtern zu drängen. Mit Suu Kyi wurde auch der entmachtete Präsident Win Myint zu ebenfalls vier Jahren Gefängnis verurteilt. Borrell forderte die Junta in Myanmar auf, alle politischen Gefangenen und seit dem Putsch willkürlich festgenommene Personen müssten umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Ein Vertreter der entmachteten Staatsführung um Suu Kyi forderte neue Sanktionen gegen die Herrscher in Myanmar. "Die brutale Militärjunta hat heute bestätigt, dass sie meint, über dem Gesetz zu stehen", erklärte ein Sprecher der Schattenregierung in einem E-Mail. Die internationale Gemeinschaft müsse deshalb weitere Sanktionen gegen das Militär, die ihm gehörenden Unternehmen und zuarbeitenden Personen erlassen.

Suu Kyi stand seit Februar unter Hausarrest

Suu Kyi steht seit dem Militärputsch von Anfang Februar unter Hausarrest. Ob die Friedensnobelpreisträgerin tatsächlich ins Gefängnis muss oder im häuslichen Arrest verbleiben darf, war zunächst unklar. Die Justiz wirft ihr noch mehrere weitere Vergehen vor, darunter Verstöße gegen die Außenhandelsgesetze und Korruption. Insgesamt könnten ihr im schlimmsten Fall bis zu 100 Jahre Haft drohen, so Verfahrensbeobachter.

Menschenrechtsexperten sprechen von einem Schauprozess und vermuten, dass die Junta die beliebte Politikerin auf diese Weise langfristig zum Schweigen bringen will. Die Verfahren gegen Suu Kyi und den entmachteten Präsidenten Win Myint hatten Mitte Juni begonnen.

Suu Kyi war bereits in der Vergangenheit insgesamt 15 Jahre unter Hausarrest gestanden. 2016 war sie faktische Regierungschefin geworden. Seit dem Umsturz versinkt das südostasiatische Krisenland im Chaos. Die Junta unterdrückt jeden Widerstand mit brutaler Gewalt.

(APA/AFP)

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