Neuer Innenminister

Dollfuß-Museum in Karners Gemeinde wird überarbeitet

Innenminister Karner bei seiner Angelobung am Montag.
Innenminister Karner bei seiner Angelobung am Montag.REUTERS
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Der frisch angelobte Innenminister, Gerhard Karner, wird für das Dollfuß-Museum in seiner Gemeinde kritisiert. Von ihm werden „klare Worte" und eine „unmissverständliche Distanzierung vom Austrofaschismus“ erwartet.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sieht sich zu Amtsantritt mit Unmut wegen eines Dollfuß-Museums in seiner Gemeinde konfrontiert. Kritikern fehlt bei dem Museum im niederösterreichischen Texingtal, wo Karner Bürgermeister ist, eine ordentliche Auseinandersetzung mit dem austrofaschistischen Kanzler. Die Grüne Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic und die SPÖ forderten eine Klarstellung. Ein Minister-Sprecher wies die Kritik zurück, das Museum werde 2022 inhaltlich überarbeitet.

Vom Minister selbst lag vorerst keine Stellungnahme vor. "Es ist wichtig, dieses dunkle Kapitel der österreichischen Zeitgeschichte zu beleuchten", hieß es von einem Sprecher des Ministers auf Anfrage. "Ein klares Bekenntnis zum demokratischen Rechtsstaat und gegen Nationalsozialismus, Antisemitismus, Faschismus und jeglichen Extremismus ist selbstverständlich - gerade für Gerhard Karner", betonte der Sprecher.

Museum werde kommendes Jahr neu gestaltet

Das Museum gebe es seit über 20 Jahren, also lange bevor Karner Bürgermeister geworden sei, und sei unter wissenschaftlicher Begleitung von Gemeinde, Land und Bund eingerichtet worden. Kommendes Jahr soll das Museum neu gestaltet werden, erklärte der Sprecher: Karner habe bereits im Mai mit dem Obmann des Zeithistorischen Zentrums Melk - Verein MERKwürdig gesprochen, dieser soll in die "zeitgemäße Kontextualisierung" des Dollfuß-Museums eingebunden werden, im Rahmen eines breit aufgestellten Prozesses für das Jahr 2022 anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Gemeinde.

Das Museum im Geburtshaus von Dollfuß wird auf der Gemeinde-Homepage unter "Sehenswertes" beworben. Die Tageszeitung "Der Standard" zitierte am Montag etwa die Historikerin Lucile Dreidemy, die bei einem Besuch des Museums - der allerdings schon ungefähr zehn Jahre zurückliegt - festgestellt hatte, dass dort manches den Anschein gehabt habe, "als könnte es direkt aus den 30ern stammen".

„Es wird eine Klarstellung brauchen"

"Für jemanden, der Parlament und Demokratie ausgeschaltet hat, Standrecht und Todesstrafe eingeführt hat und auf Gemeindebauten schießen ließ, darf es nicht einmal den Anschein einer Verherrlichung oder Huldigung geben", betonte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch am Montag in einer Aussendung. "Hier braucht es klare Worte und eine unmissverständliche Distanzierung vom Austrofaschismus", forderte er von Karner eine Klarstellung.

Eine solche hatte sich am Sonntag auch schon der Koalitionspartner der ÖVP gewünscht: "Das Verhältnis zum Austrofaschismus muss immer klar sein, gerade beim Innenminister. Ich denke, hier wird es eine Klarstellung brauchen", twitterte die Grüne Abgeordnete Ernst-Dziedzic.

Am Sonntagabend hatte auch SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried in der ORF-Diskussionssendung "Im Zentrum" kritisiert, dass der neue Innenminister "ein Engelbert-Dollfuß-Museum betreibt oder zumindest gutheißt, ein Museum, eine Kult-, eine Gedenkstätte für einen Diktator und für einen Schwerverbrecher". Das Museum gebe es nicht erst seit gestern, sondern seit über 20 Jahren, entgegnete ÖVP-Klubchef August Wöginger. Museen gehörten auch immer wieder überarbeitet. "Da muss man sich das anschauen, ob es noch zeitgemäß ist."

Die ÖVP wurde immer wieder für einen unkritischen Umgang mit Dollfuß kritisiert: Jahrelang hing im Parlamentsklub der Volkspartei ein Porträt des austrofaschistischen Kanzlers. Schließlich nahm die ÖVP vor ein paar Jahren den Parlamentsumbau zum Anlass, das umstrittene Bild los zu werden und dem Niederösterreichischen Landesmuseum als Dauerleihgabe zu übergeben.

(APA)

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