Staatsoper

Keine Maskenpflicht für Don Giovanni

Kyle Ketelsen und Philippe Sly
Kyle Ketelsen und Philippe SlyStaatsoper/Michael Pöhn
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Staatsoper. Barrie Kosky zeigte als Auftakt seines Da-Ponte-Zyklus mit Musikdirektor Philippe Jordan  einen ernst zu nehmenden „Don Giovanni“ mit schwachem Sängerensemble.

Mit dieser Neuproduktion des „Don Giovanni“ werden wir die kommenden Jahre leben können. Diese erfreuliche Meldung sei vorausgeschickt, denn es war angesichts der Erfahrungen, die wir bisher mit Barrie Kosky in der Oper machen mussten, keineswegs vorhersehbar. Diesmal aber, mag Katrin Lea Tags zerklüftete Felsenlandschaft auch an „Die Walküre“ erinnern, zog uns schon der Auftritt Donna Annas in den Bann eines ganz anderen Stücks. Barrie Kosky beantwortet nämlich gleich eingangs E. T. A. Hoffmanns Frage nach dem Verhältnis zwischen Anna und Don Juan klar: Hat er oder hat er nicht?

Steine statt Degen

Er hat! Und zwar längst! Daher muss er auch nicht maskiert sein, wenn Fräulein Annas Papa die stürmischen Umarmungen stört. Der väterliche Störenfried wird erschlagen. Mantel und Degen haben ausgedient. Doch anders als ein „Figaro“ entfaltet sich ein veritabler Mythos schlüssig auch jenseits des Sittenkodex einer bestimmten Ära. Don Juan treibt in jedem Äon sein Wesen, wie er das weibliche Geschlecht jeglichen Standes bezirzt. Die Kostüme spiegeln es wider: Damenroben aus Innenstadt-Kaufhäusern, die Kleidchen der Bauernmädchen aus dem Shopping-Center. Amüsant: Wenn Leporello, der das Sündenregister Don Giovannis diesmal nicht mit sich herumschleppt, sondern im Kopf hat, seinen Herrn von Szene zu Szene zu imitieren versucht, dann ist seine Garderobe jeweils beim Auftritt schon wieder démodé. Die Geschichte mit dem Kleidertausch gewinnt auf diese Weise eine neue Qualität.
Nicht nur in diesem Sinne realistisch zeichnet die Regie diesmal Figuren und Interaktionen. Der Komtur erhebt sich zwar während des Duetts, in dem Donna Anna und ihr Verlobter Ottavio seinen Tod beklagen und Rachepläne schmieden. Doch leuchtet ein, dass sich hier der „Steinerne Gast“ bereits auf den Weg macht. Don Giovanni wird es ihm zuletzt nachtun – und das Spiel beginnt aufs Neue.

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