Gastbeitrag

Lobau-Tunnel und Klimapolitik

Es gibt positive Beispiele dafür, wie Infrastruktur auf die Klimapolitik einzahlt. Der Baustopp der Lobau-Autobahn ist keines.

Der Baustopp für die Lobau-Autobahn wurde von verschiedenen Seiten als Erfolg für die Klimapolitik gefeiert. Ein Kommentar an dieser Stelle („Lobau-Tunnel: Was Ludwig tun sollte“) bezeichnete alle, die den Stopp nicht feiern als „Klima-Ignoranten, Technologiegläubige und Benzinbrüder“. Ist diese Verknüpfung von LobauTunnel und Klimapolitik – abgesehen von der Kampfrhetorik – auch inhaltlich gerechtfertigt?

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Der Verkehr ist prinzipiell grenzüberschreitend, was die lokale Klimapolitik tendenziell aushebelt. Je kleinräumiger die Grenzen definiert werden (Stadt Wien), umso mehr trifft das zu. Auf nationaler Ebene erfährt das Österreich seit Jahrzehnten leidvoll: der Verbrauch von inländischem Diesel durch ausländische Lkw („Tanktourismus“) erhöht die österreichische Emissionsbilanz. Wie relevant aber ist die Straßeninfrastruktur in einem Klimapolitik-Szenario? Der Lobau-Tunnel würde voraussichtlich bis 2029 fertiggestellt werden. Wenn die derzeitige Bundesregierung ihre eigenen klimapolitischen Ziele ernst nimmt (Dekarbonisierung bis 2040), müsste bis dahin die Hälfte der Pkw- und Lkw-Flotte in Österreich elektrisch unterwegs sein; sowohl im Lobau-Tunnel als auch auf anderen Straßen. Dass der dafür benötigte Strom (weniger als 30% der Energiemenge, die zuvor als Treibstoff verbraucht wurde) hauptsächlich erneuerbar erzeugt werden wird, dafür wird der EU-Emissionshandel sorgen, der die Elektrizitätswirtschaft inkludiert. Die wirklichen Hebel für die Klimapolitik liegen somit nicht im Straßenbau in Wien. Natürlich kann die Klimapolitik auch beim Modal-Split ansetzen. Das geschieht in Wien nicht unwesentlich durch massive Investitionen in den öffentlichen Verkehr, wie z. B. die Anbindung der Seestadt Aspern an die U2. Während in Österreich insgesamt Verschiebungen im Modal-Split nur sehr zäh vorankommen (ein Rückgang von 70% Pkw-Verkehr auf 68% seit 1990), zeigt sich in Wien in den letzten 30 Jahren ein anderes Bild: wurden 1993 noch 40% der Wege mit dem Pkw zurückgelegt, so waren es 2019 nur noch 25%. Der Anteil der mit dem öffentlichen Verkehr zurückgelegten Wege ist parallel von 29% auf 38% angestiegen. Es sollte in Wien in weiteren zehn Jahren gelingen, den PKW-Anteil im Modal-Split auf ein Minimum von 20% abzusenken. Dennoch wird der dann hauptsächlich elektrisch betriebene Güterverkehr weiter teilweise auf der Straße stattfinden, entweder durch Wien (A22) oder auf einer Umfahrung von Wien.

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