Konjunktur

Wirtschaftswachstum in China "merklich verlangsamt"

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Da China ein wichtiger Motor für das globale Wachstum sei, "werden energische Maßnahmen zur Unterstützung eines qualitativ hochwertigen Wachstums nicht nur China, sondern der ganzen Welt helfen", sagt IWF-Chefin Georgieva.

Exportweltmeister China hat im November wegen einer schwächeren Nachfrage auf wichtigen Märkten und höheren Kosten an Schwung verloren. Die Ausfuhren wuchsen um 22,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie aus den am Dienstag veröffentlichten Zolldaten hervorgeht. Im Oktober hatte es noch zu einem Anstieg von 27,1 Prozent gegeben. Allerdings hatten von Reuters befragte Ökonomen eine noch stärkere Verlangsamung auf 19,0 Prozent erwartet, da die Aufwertung der Landeswährung Yuan chinesische Waren im Ausland teurer macht.

Wesentlich stärker entwickelten sich die Importe, die mit 31,7 Prozent deutlicher als im Oktober und von Experten vorhergesagt zulegten. "Insbesondere die Kohleimporte sind sprunghaft gestiegen", sagte der Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Pinpoint Asset Management, Zhiwei Zhang. Damit solle das Problem der Energieknappheit gelöst haben. Stromausfälle plagen immer wieder die Wirtschaft und dämpfen deren Wachstum. Chinas Überschuss im Außenhandel fiel mit 71,72 Milliarden Dollar deutlich kleiner aus als erwartet, weil die Importe schneller zulegten als die Exporte.

Die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft hat in den vergangenen Monaten bei der Erholung von der Corona-Krise an Schwung verloren. Wegen des guten Jahresauftakts dürfte die Wirtschaft 2021 zwar um rund acht Prozent wachsen. Ökonomen der Academy of Social Sciences, ein Institut der chinesischen Regierung, rechnen für das kommende Jahr aber nur noch mit 5,3 Prozent, was für chinesische Verhältnisse wenig wäre. Zuletzt sahen etwa Konjunkturdaten aus der Industrie aber nicht mehr so gut aus, am Immobilienmarkt droht eine Pleite des Baukonzerns China Evergrande und immer wieder kommt es zu Coronavirus-Ausbrüchen.

Zur Ankurbelung der Konjunktur verschafft die chinesische Notenbank den Geldhäusern erneut mehr Spielraum für die Kreditvergabe. Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr senkte sie diese Woche den Betrag, den Banken als Mindestreserve halten müssen. Ab dem 15. Dezember müssen die Institute umgerechnet rund 167 Milliarden Euro weniger Kapital vorhalten. Das entspreche einer Absenkung des Reservesatzes für Geschäftsbanken um einen halben Prozentpunkt. Je geringer dieser Satz ist, um so mehr Kredite können die Banken vergeben.

IWF-Chefin besorgt

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, hat sich besorgt über das sich verlangsamende Wirtschaftswachstum Chinas gezeigt. "China hat eine wirklich bemerkenswerte Erholung erreicht, aber seine Wachstumsdynamik hat sich merklich verlangsamt", sagte sie bei einem virtuellen Treffen mit Chinas Premier Li Keqiang am Montag.

China erwartet wegen anhaltender Corona-Pandemie und hoher Rohstoffpreise im nächsten Jahr ein langsameres Wachstum. Während der jährlichen Beratungen des Politbüros der Kommunistischen Partei über die Wirtschaftspolitik im kommenden Jahr schlug eine führende staatliche Denkfabrik vor, ein niedrigeres Wachstumsziel von "mehr als fünf Prozent" zu setzen, so Li Xuesong, Wirtschaftsforscher der Akademie der Sozialwissenschaften (CASS) nach Angaben von Staatsmedien vom Dienstag. Damit gebe es Spielraum: "Es würde allen beteiligten Parteien erlauben, sich darauf zu konzentrieren, Reformen und Innovation zu fördern, um hochqualitatives Wachstum zu erreichen", sagte Li Xuesong. In diesem Jahr strebt China ein Wachstum von "mehr als sechs Prozent" an.

Bei einem Treffen am Montagabend mit Georgieva und Chefs weiterer, großer Wirtschaftsorganisationen gab sich Premier Li Keqiang zuversichtlich, dass die Ziele für dieses Jahr erreicht werden. Der Premier rechnet mit einer "langfristig gesunden Entwicklung". "Die chinesische Wirtschaft ist widerstandsfähig und hat Potenzial", sagte Li Keqiang nach amtlichen Angaben vom Dienstag. "China ist in der Lage, mit kurzfristigen wirtschaftlichen Fluktuationen umzugehen." Die CASS-Wirtschaftsforscher empfehlen ihm für seinen Wirtschaftsplan 2022 auch ein Inflationsziel von erneut rund drei Prozent, ein Haushaltsdefizit von rund drei Prozent und die Schaffung von elf Millionen Jobs in Städten.

Georgieva: Multilaterales Handelssystem stärken

Da China ein wichtiger Motor für das globale Wachstum sei, "werden energische Maßnahmen zur Unterstützung eines qualitativ hochwertigen Wachstums nicht nur China, sondern der ganzen Welt helfen", meinte IWF-Chefin Georgieva. Im Oktober hatte der IWF seine Prognosen für das chinesische Wachstum gesenkt und ein Plus von acht Prozent in diesem Jahr und 5,6 Prozent im kommenden Jahr vorausgesagt. Analysten warnen davor, dass China mit schmerzhaften Auswirkungen einer Immobilienkrise, steigender Kohlepreise und Energieengpässe konfrontiert ist. Georgieva rief China und die rivalisierenden USA auf, wieder stärker zusammenzuarbeiten und das multilaterale Handelssystem zu stärken, das ein wichtiger Motor für Wachstum und Beschäftigung sei.

(APA/AFP/Reuters/dpa)

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