Morgenglosse

Auf zum Bundesländer-Bummel!

Die Regierung beendet den Lockdown und übergibt an die Bundesländer. Diese öffnen ganz, teilweise, gar nicht oder überlegen noch. Eine Chance, um die regionale Vielfalt für den Konsum zu nutzen.

Nach einem 20-tägigen Lockdown gibt die Regierung den (geimpften) Bürgern ihre Freiheiten zurück - und setzt auf Eigenverantwortung. Ab kommenden Montag fallen die Ausgangsbeschränkungen: Handel, Gastronomie, Hotellerie, Kultur- und Veranstaltungsbranche dürfen wieder öffnen.

Nun, ganz so einfach ist es leider nicht. Wir leben zwar in Österreich, wo die Beschlüsse der Regierung gelten, wir leben aber auch in Bundesländern, in denen der Wille der Landeshauptleute zählt. Und diese haben alle ihre ganz eigenen Vorstellungen. Seit dem jüngsten Umbruch in der ÖVP, die sechs Landeshauptleute stellt, haben sie auch den Einfluss, um diese gegenüber der Regierung durchzusetzen.

Das macht Entscheidungen komplizierter als es in so einem kleinen Land wie Österreich angebracht wäre. Problematisch ist das vor allem in Zeiten wie diesen, in der Menschen eine klare Kommunikation und verständliche Anweisungen brauchen. Sonst verlieren sie das Vertrauen in die Politik – und in weiterer Folge die Bereitschaft, den von ihr vorgegebenen Regeln zu folgen.

Fleckerlteppich als Chance begreifen

Aber man muss ja nicht alles immer so kritisch sehen. Man könnte auch die regionale Vielfalt Österreichs feiern und den Eigensinn der Landesfürsten als Chance begreifen. Zum Beispiel für einen vorweihnachtlichen Einkaufsbummel durch das ganze Land!

Man könnte ins pandemieerprobte Auto steigen oder sich umweltbewusst das ÖBB-Klimaticket holen – und die uneinheitlichen Öffnungsschritte für seine persönlichen Konsumbedürfnisse ausschlachten. Startet man in Wien, könnte man sich am Montagmorgen einen Coffe-to-go schnappen, die Lockdown-Mähne mit einer körpernahen Dienstleistung beim Friseur zähmen und zwischen zwei Fahrtrichtungen wählen.

Die kürzere Variante geht in den Südosten und umfasst einen Sprung in ein niederösterreichisches Einkaufsparadies, Hausmannskost samt ein paar Achterln bei einem burgenländischen Wirten und einen gemütlichen Abendausklang in einer Therme im Südburgenland.

Der Ausflug Richtung Westen wäre etwas beschwerlicher, weil man durch das teilgeöffnete Niederösterreich und das weiterhin geschlossene Oberösterreich müsste. In Salzburg könnte man sich zwar wieder dem Shoppen hingeben, aber zu Mittag müsste man wohl im Stehen essen.

Länderinteressen haben Vorrang

Ratsamer wäre es, bis zur Ankunft im Tiroler oder Vorarlberger Bergland auszuharren, wo man seinen aufgestauten Konsumsehnsüchten freien Lauf lassen kann. Ausgiebige Restaurantbesuche, entspannende Hotelaufenthalte oder pure Pistengaudi – man würde auf seine Kosten kommen. Nur aufpassen sollte man, sich dabei nicht zu infizieren: Die 7-Tages-Inzidenz in den beiden Ländern ist höher als im geschlossenen Oberösterreich und doppelt so hoch wie im restriktiven Wien.

Wer in den Süden möchte, sollte noch ein paar Tage zuwarten – was Kärnten erlaubt, weiß man noch nicht. Man könnte zwar in der Steiermark speisen und übernachten, bis sich die Kärntner entschieden haben, aber das ist dort erst ab 17. Dezember möglich.

Mit diesem länderübergreifenden Einkaufsbummel würde man sicherlich etwas zur „Entzerrung von Handelsströmen“ beitragen, wie es Wiens Bürgermeister, Michael Ludwig, so elegant formuliert hat. Gleichzeitig würde man was für die Fairness tun und seine Konsumausgaben über einige Bundesländer verteilen.

Ob die Rundreise im Sinne einer effektiven Pandemiebekämpfung wäre, ist freilich eine andere Frage – aber damit hat man sich offenbar zugunsten von Partikularinteressen ohnehin nur am Rande beschäftigt.

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