Randerscheinung

Briefe ans Christkind

Carolina Frank
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Inzwischen gilt bei den beiden älteren Kindern eindeutig schon die 2-G-Regel: Geld und Gewand gehen immer.

So langsam beginnen die Briefe ans Christkind bei mir einzutrudeln. Inzwischen ist ja allen drei Buben klar, dass ich sie nicht weiterleiten werde. Also höchstens an Amazon. Heuer darf man das gefahrlos schreiben, ohne sich einen Shitstorm einzuhanden – solang der Einzelhandel noch nicht offen hat. Danach gilt selbstverständlich wieder: Fahr nicht fort, kauf im Ort! Die Wünsche der Buben und die Art, wie sie vorgebracht werden, unterscheiden sich doch recht ­wesentlich voneinander.

Beim Jüngsten ­sprudeln die Vorschläge nur so, und es ist keiner dabei, der keinen Strom braucht. Das ist in meinen Augen die klitzekleine Schwäche der Fridays for Future: So richtig CO2-neu­tral sind die Begierden der nachkommenden Generation nicht – auch wenn sie immerhin nicht mit Verbrennungsmotor betrieben werden. Der Jüngste jedenfalls will alles rund um das Thema Gaming. Neulich ist er mit einer Yogamatte heimgekommen, die sich dann als Mauspad entpuppt hat. Es ­verhält sich in der Größe zu den mir bisher bekannten Mauspads wie ein gewöhnlicher Tintenfisch zu den Riesenkraken aus dem Mariannengraben.

Wozu man seine Computermaus auf eineinhalb Quadratmetern herumschieben soll, habe ich noch nicht herausgefunden. Den beiden älteren Buben muss man ihre Wünsche inzwischen schon aus der Nase ziehen. „Ich brauche eigentlich nichts“, ist oft die erste Reaktion. Nun gilt es für das Christkind, das ich bin, zu erkennen, ob sie wirklich nichts brauchen, oder aber etwas so Großes, dass es ihnen unangenehm ist, damit herauszurücken. Inzwischen gilt bei ihnen eindeutig schon die 2-G-Regel: Geld und Gewand gehen immer. Und ich bin schon in der nächsten Phase angelangt und wünsche mir ganz unbescheiden: einmal Gesundheit und Weltfrieden für alle. Bitteschön.

("Die Presse Schaufenster" vom 10.12.2021)

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