Salzburger Festspiele

Programm Salzburg 2022: Festspiele als „göttliche Komödie“

Asmik Grigorian, die „Salome“-Sensation von 2018, singt in Salzburg 2022 drei Puccini-Partien.
Asmik Grigorian, die „Salome“-Sensation von 2018, singt in Salzburg 2022 drei Puccini-Partien.APA
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Helga Rabl-Stadler präsentierte zum letzten Mal das künftige Sommerprogramm und hofft auf stetige Erweiterung der Kunst-„Begeisterungsgemeinschaft".

Immer größer möge die „Begeisterungsgemeinschaft“ namens Salzburger Festspiele werden, mit diesem Wunsch verabschiedete sich Helga Rabl-Stadler bei ihrer letzten Saison-Pressekonferenz. 27 Jahre und mehr als sechs Millionen Besucher, eine Deckung von 45 Prozent der Kosten durch die Einnahmen aus dem Kartenverkauf: Die Bilanz der Langzeit-Festspielpräsidentin kann sich sehen lassen. Verständlich, dass sie ihre letzten Worte in dieser Funktion nicht ganz ohne Rührung sprechen konnte. Nichts Geringeres als Dantes „Göttliche Komödie“ dient denn auch als Leitstern für das Salzburger Programm im Sommer 2022.

Der beginnt seit einigen Jahren immer schon mit der Premiere bei den Pfingstfestspielen: Auch diesmal wird „Der Barbier von Sevilla“ mit Cecilia Bartoli (Regie: Rolando Villazón) im August wieder ins Programm genommen. Rabl-Stadler verwies darauf, dass die Karriere der Diva mit diesem Werk begonnen hatte. Nun steht Rossinis Prototyp einer musikalischen Komödie inmitten von (mehrheitlich tragischen) Abhandlungen zum Thema Menschsein. Intendant Markus Hinterhäuser avisierte Neuinszenierungen von so unterschiedlichen Werken wie Puccinis „Triptychon“, Bartóks „Blaubarts Burg“ und Janáčeks „Katja Kabanová“, die nicht von ungefähr alle um 1920 zur Uraufführung gekommen sind.

Wobei „Il trittico“ wirklich von Dantes „Divina commedia“ inspiriert wurde – und in der Produktion von Christof Loy unter Franz Welser-Möst Asmik Grigorian in allen drei Werken („Der Mantel“, „Schwester Angelika“ und „Gianni Schicchi“) die weibliche Hauptpartie singen wird. Corinne Winters ist die Katja (neben Evelyn Herlitzius in der Rolle der bösen Schwiegermutter) in der Janáček-Inszenierung Barrie Koskys. An die Festspiel-Historie erinnert der Abend, an dem Romeo Castellucci und Teodor Currentzis Bartóks „Blaubart“ (mit Mika Kares und Ausrine Stundyte) mit Carl Orffs anspruchsvoller „De temporum fine comoedia“ koppeln, 1973 unter Herbert von Karajan uraufgeführt und seither kaum je irgendwo gespielt.

Neu einstudiert werden zwei Inszenierungen, die offenbar noch nicht ganz ausgereift waren, deren Konzept es aber, so Hinterhäuser, verdiene, noch einmal überprüft zu werden: Shirin Neshats „Aida“ (ohne Anna Netrebko, mit Elena Stikhina) und die „Zauberflöte“ Lydia Steiers unter Joana Mallwitz, die auch eine Matinee leiten wird.

Das Konzertprogramm dominieren Schwerpunkte mit Musik von Béla Bartók ebenso wie eine Personale zum 70. Geburtstag von Wolfgang Rihm. Die Festspiele realisieren im Rahmen ihrer „Ouverture spirituelle“ unter anderem auch eine konzertante Aufführung von dessen „Jakob Lenz“, aber überdies aufwendige zyklische Aufführungen im symphonischen Bereich. Große Anforderungen stellen auch Stücke wie Messiaens „Turangalila“-Symphonie oder manch oratorisches Konzert mit geistlicher Musik von Orlando di Lasso und Mysliveček (den Mozarts Zeitgenossen „il divino boemo“, den „göttlichen Böhmen“ nannten) bis zu Honeggers „Johanna auf dem Scheiterhaufen“ mit Isabelle Huppert in der Titelpartie.

Der „Reigen“, neu gedichtet

Zu den Schauspiel-Projekten der Festspiele 2022 gehören neben einer Reprise des „Jedermann“ in identischer Konstellation wie 2021 Aufführungen der beiden „Ingolstadt“-Stücke Marieluise Fleißers (Ivo van Hove) und einer Neuinterpretation von Schnitzlers „Reigen“-Idee durch zehn verschiedene Schriftsteller, die von einer „Reigen“-Filmretrospektive begleitet wird. Weil das Landestheater renoviert wird, steht als Aufführungsort neben der Perner-Insel vor allem die Studiobühne des Mozarteums zur Verfügung, wo Ewelina Marciniak ihre „Iphigenia“ zeigt und Thorsten Lensings „Verrückt nach Trost“ uraufgeführt wird.

Dantes „Göttliche Komödie“ kann man bei den Salzburger Festspielen 2022 auch hören: Schauspielchefin Bettina Hering kündigt eine „Marathon-Lesung“ des Textes durch sieben Schauspieler an, ein Unternehmen, das in den beiden vergangenen Jahren nicht realisierbar gewesen wäre. Diesmal wird es hoffentlich stattfinden können. „Corona sei uns gnädig“, flehte die Präsidentin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2021)

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